In der Not retten die Sanitäter nicht alle. «QS’ler» bleiben am besten in ihrer Stube hocken.

«Triage machen» ist eine Redewendung, die wir im Alltag gelegentlich brauchen. So zum Beispiel am Tag vor dem Flohmarkt: Wir sortieren aus, machen Triage, welche der vielen alten Bücher wir weggeben und welche wir behalten.

Jetzt plötzlich begegnen wir dem Begriff in seiner ursprünglichen militärmedizinischen Bedeutung. Zuvor hat der Bundesrat bekanntlich wegen der Corona-Pandemie am 28. Februar 2020 die «Besondere Lage» ausgerufen, zweieinhalb Wochen später, am 16. März, die «Ausserordentliche Lage». Das heisst, es lauert Gefahr, unser Gesundheitssystem stösst an seine Grenzen.

Im Krieg beantwortet die Triage die Frage, welche Verletzten die Sanitätssoldaten unter Lebensgefahr als erste bergen sollen. Ich selbst war 1975 «Truppensanitäter» bei der Infanterie. Dort haben ich und meine Kameraden gelernt, dass wir bei Verdacht auf Rückenverletzungen «immer zuerst den Arzt holen müssen». Im Kanonendonner, bei Salven von Maschinengewehren und explodierenden Granaten ist das wenig realistisch, wussten damals alle, ohne dass irgendwer das ausgesprochen hätte.

Das bedeutet, wer eine Rückenverletzung hat, bleibt lange, wahrscheinlich für immer liegen. Armeen sind interessiert, die mit den höchsten Überlebenschancen als erste zu retten. Im günstigsten Fall sind sie schon bald wieder kampffähig.

türen

In der Kriegsmedizin heisst es: Nur wer gute Überlebenschancen hat, darf durch die gelbe Türe.

Dieses Aussortieren ist grausam, in seiner Unbarmherzigkeit aber durchaus gerecht. Es liegt ihm eine nachvollziehbare Überlegung zugrunde, die sich nicht am Individuum, sondern an der Verletzungsart orientiert. Auch ein potenziell querschnittgelähmter Offizier, womöglich eine Persönlichkeit des öffentlichen Lebens, muss im schlimmsten Falle warten.

Diese Methode der Triage, die in Kriegssituationen angewendet wird, lässt sich in Friedenszeiten in ihr Gegenteil verkehren. Es kommen diejenigen in den Genuss medizinischer Hilfe, die es am nötigsten haben, deren Leben am unmittelbarsten bedroht ist. Alle anderen mit harmloseren Symptomen stehen hinten an und sind eingeladen, sich selbst zu kurieren. Wer nur Wehwehchen hat, braucht gar nicht zu kommen.

Dieses auf den ersten Blick menschenfreundlichere Auswahlverfahren stösst an seine Grenzen, sobald die Kapazitäten des Gesundheitssystems überlastet sind. Es vermischt sich dann unter dem Druck der Realität mit Elementen der Kriegstriage.

Geht die Gefahr von einer Infektionskrankheit aus, besteht zusätzlich die Notwendigkeit, die Infizierten zu isolieren. In alten Zeiten waren sie im Siechenhaus. Der Vergleich ist makaber. Trotzdem stimmt er und ist hochaktuell.

Die Frage, wohin es uns «Menschen mit Querschnittlähmung» im Zuge einer Triage verschlägt und wie es uns unter einem solchen Regime ergeht, stimmt mich nachdenklich. Bei rigider Aussortierung in akuter Not stehen unsere Aktien schlecht, zumal wir kaum zusätzliche Lasten stemmen können. Wir müssen uns bewusst sein, dass wir Kinder eines Systems sind, das jedes Leben um fast jeden Preis verlängern und retten will, Verletzte rehabilitiert. Dieses System ist jedoch in Zeiten einer Pandemie – zumindest teilweise – ausgesetzt.

intensivmedizin

Auf der Intensivstation: Wenn die Betten knapp sind, werden «QS’ler» kaum erste Wahl sein.

Riskant wird es für uns, wenn die verfügten Massnahmen zur Selbstisolierung gelockert werden. Das Virus ist dann zwar eingedämmt, aber nicht ins Weltall entschwunden. Sollen wir dann feiern, uns berauschen und unterhalten lassen: in stimmungsvollen Wirtshäusern, prall gefüllten Fussballstadien oder dem Opernhaus? Alles wie zu besten Zeiten?

Ich fürchte, wir werden aus Vernunft darauf verzichten müssen.

Kommentare (13)

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Lieber fritz,

danke für Deinen Beitrag. Ja, das ist ein schwieriges Thema, über das ich mir auch in den letzten Wochen so meine Gedanken gemacht habe und ein paar Dinge gelesen habe, die international dazu diskutiert werden und wurden. Ich...

Lieber fritz,

danke für Deinen Beitrag. Ja, das ist ein schwieriges Thema, über das ich mir auch in den letzten Wochen so meine Gedanken gemacht habe und ein paar Dinge gelesen habe, die international dazu diskutiert werden und wurden. Ich schreibe mal ein paar meiner Gedanken dazu.

Es ist wohl so, dass es unterschiedliche Dinge gibt, die bei der Triage gewertet werden könnten und in die Priorisierung einfliessen könnten: Wer zuerst Hilfe brauchte, die Zahl der geretteten Leben, die Zahl der voraussichtlich geretteten Lebensjahre und/oder die gerettete Lebensqualität. Jemand, der aufgrund von Vorerkrankungen oder Alters voraussichtlich längere Zeit intensivmedizinische Unterstützung benötigt, ggf. eine kürzere Lebenserwartung hat und/oder dessen Lebensqualität als geringer angesehen wird, könnte bei diesen Wertungen benachteiligt werden.

Ich sehe dabei ein paar ganz grundlegende Probleme. Zum einen die Frage nach der Wertung der Lebensqualität. Ich bin mir dessen sehr bewusst, dass die Lebensqualität von Menschen mit Behinderung oft unterschätzt wird. Ganz besonders problematisch finde ich das, wenn zur Bewertung der Lebensqualität Tools hergenommen werden, die nicht für die entsprechende Personengruppe validiert sind. Ich ärgere mich zum Beispiel schon so jedes Mal, wenn ich den SF36-Fragebogen ausfüllen muss, weil dieser Fragebogen mich in eine defizitorientierte Ecke drängt, die nicht passt und nicht meiner Lebenswirklichkeit entspricht. Es ist ein Merkmal des Ableismus, dass die Lebensqualität von Menschen mit Behinderung unterschätzt wird, und ich bin mir sehr bewusst, wie weit Ableismus verbreitet ist - auch im medizinischen Kontext, auch in Ethikkomittees. An diesem Punkt vielleicht auch eine Frage an die Mitarbeiter des SPZ: Gibt es ein validiertes Tool, das hinsichtlich unserer Lebensqualität aussagekräftig ist? Das könnte in den nächsten Monaten vielleicht wichtig werden, und es wäre besonders wichtig, dass es sich mit unseren Erfahrungen deckt und nicht zu sehr auf Defizite fokussiert ist.

Was mich auch nachdenklich macht ist, dass jedes dieser Konzepte - wer zuerst kommt, hat die besseren Chancen auf Behandlung, wer jung und gesund ist, hat die besseren Chancen auf Behandlung - vermutlich die Tendenz haben wird, diejenigen zu bevorteilen, die am unvorsichtigsten waren und die somit am meisten andere gefährdet haben. Ich finde das als Anreiz problematisch. Ich frage mich auch, wie eine Welt aussehen würde, die es nicht schafft, diejenigen zu schützen, die zum Wohl anderer ihr eigenes Leben aufs Spiel setzen (siehe fehlende Schutzausrüstung) und die es nicht schafft, die Schwachen zu schützen. Beide Gruppen sind für die Gesellschaft wichtig - auch die Erfahrungen und die Interessensvertretung von Menschen mit Behinderung, die nicht selten auch für die Interessen einer alternden Gesellschaft einstehen, Probleme früh erkennen und benennen. Ich frage mich da schon, ob es nicht Alternativen gäbe - z.B. dass die Wahrscheinlichkeit, knappe Ressourcen zu bekommen, vom eigenen Verhalten abhängig gemacht wird und diejenigen, die sich nicht einschränken lassen wollen und damit sich selbst und andere gefährden, dann die Konsequenzen für ihr Verhalten tragen. Wie man sich verhält, kann man selber wählen. Ob man alt ist, eine Vorerkrankung oder Behinderung hat, nicht. Aber ohne eine Form von Überwachung wäre so etwas wohl kaum möglich, und das wäre natürlich auch problematisch. Schwierig.

Mein Fazit ist tatsächlich auch, dass ich extrem vorsichtig sein werde, bis ich geimpft bin, auch wenn das anderthalb Jahre dauern kann.

Nachdenkliche Grüße,
odyssita

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Liebe odyssita,

vielen Dank für Deinen interessanten Kommentar. Ich habe Deine Anfrage "Gibt es ein validiertes Tool, das hinsichtlich unserer Lebensqualität aussagekräftig ist?" intern weitergeleitet und hoffe, dass ich bald eine Antwort...

Liebe odyssita,

vielen Dank für Deinen interessanten Kommentar. Ich habe Deine Anfrage "Gibt es ein validiertes Tool, das hinsichtlich unserer Lebensqualität aussagekräftig ist?" intern weitergeleitet und hoffe, dass ich bald eine Antwort erhalte und weitergeben kann.

Liebe Grüsse
Johannes

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Lieber Johannes,

ganz herzlichen Dank! Diesmal hat es auch mit der Benachrichtigung geklappt. Ich hoffe, Dir und Euch gehts soweit gut?

Hinsichtlich des Tools fände ich persönlich es ja auch schon hilfreich, wenn es eine Publikation und/oder...

Lieber Johannes,

ganz herzlichen Dank! Diesmal hat es auch mit der Benachrichtigung geklappt. Ich hoffe, Dir und Euch gehts soweit gut?

Hinsichtlich des Tools fände ich persönlich es ja auch schon hilfreich, wenn es eine Publikation und/oder Stellungnahme dazu gäbe, welche Tools nicht hilfreich sind und nicht mit einer Selbsteinschätzung korrelieren (vor allem auch in den Jahren, in denen man sich an das "neue Leben" gewöhnt hat). Ich finde, Lebensqualität kann man sehr schlecht - eigentlich gar nicht - von außen beurteilen. Das ist letzten Endes doch eine Frage der individuellen Wahrnehmung und Bewertung. Und außerdem finde ich, dass man Lebensqualität und Lebenswille nicht gleichsetzen sollte - auch das sind zwei unterschiedliche Dinge, und letzten Endes sollte meiner Meinung nach, wann immer es möglich ist, Selbstbestimmung im Vordergrund stehen.

Einen lieben Gruß,
odyssita

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Liebe odyssita,

das freut mich, dass es jetzt mit der Benachrichtigung geklappt hat! Wir arbeiten in diesen Wochen viel an technischen Dingen auf der Plattform, drum hoffe ich, dass sich Probleme künftig seltener einstellen und gerade das mit...

Liebe odyssita,

das freut mich, dass es jetzt mit der Benachrichtigung geklappt hat! Wir arbeiten in diesen Wochen viel an technischen Dingen auf der Plattform, drum hoffe ich, dass sich Probleme künftig seltener einstellen und gerade das mit den Benachrichtigungsmails noch einfacher und übersichtlicher wird. Wir werden natürlich informieren, wenn alles soweit ist.

Mir/uns geht es soweit gut, danke. Schön, dass Du es Dir mit der Situation gut einrichten konntest. Ich denke, diese Art von Flexibilität hat unterm Strich mehr Vor- als Nachteile, und es sich generell gut einrichten können heisst für mich nicht, dass man nicht dafür kämpft, dass es anders sein sollte. Du hast ja im Forum an Francesco geschrieben: "ich bewundere es, wie Du die Dinge eben nicht hinnimmst und Dich für Dich und für so viele andere dafür einsetzt, dass sich die Dinge zum Guten verändern". Ich denke, dass Du das auch machst: Du setzt Dich – auf der Community, aber bestimmt auch bei Ärzten, Institutionen, Gesellschaften etc. – sehr aktiv für Verbesserungen und eine andere Herangehensweise im Gesundheitssystem und in der Wahrnehmung von Patienten ein, stellst kritische Fragen und schaffst ein Bewusstsein für Probleme, von denen ich sonst wohl kaum etwas gehört hätte, die mir aber einleuchten. Du gehst nicht gleich zum "Blick" (in Deutschland wäre das die "Bild" ), aber das ist mit Deinen Anliegen wohl auch viel schwieriger, weil das Bewusstsein für die Ungerechtigkeiten in der Bevölkerung nicht so ausgeprägt ist wie bei Problemen mit der Barrierefreiheit – wobei Francesco auch ein Lied davon singen kann, wie schwer es ist, dort voranzukommen.

Zu Deiner Frage nach der Wertung der Lebensqualität: Ich weiss natürlich nicht, ob und wie bei der Triage die Lebensqualität beurteilt wird. Auf Grundlage dessen, was Du darüber geschrieben hast, finde ich das auch problematisch. Was ich nicht verstanden habe: Hat der Deutsche Ethikrat die Kriterien für die Triage schon definitiv festgelegt und veröffentlicht? Hat er die Methodik offen gelegt, wie die Lebensqualität bestimmt werden soll, sofern diese eine Rolle bei der Beurteilung spielt? Mich würde es auch interessieren, aber ich komme gerade nicht dazu, das zu recherchieren

Wegen dem validierten Tool zur Messung von Lebensqualität: Eine der leitenden Wissenschaftlerinnen der SwiSCI-Studie, also der grössten Studie für Menschen mit Rückenmarksverletzungen in der Schweiz, die alle fünf Jahre per selbst ausgefülltem Fragebogen stattfindet, hat mir den Auszug aus dem Fragebogen geschickt, in dem es um Lebensqualität geht. Fünf Items stammen aus dem WHOQoL-BREF-Fragebogen, ihre Auswahl wurde bei uns an der Schweizer Paraplegiker-Forschung validiert (https://hqlo.biomedcentral.com/articles/10.1186/1477-7525-8-94). Das sechste Item kam später dazu. Die Fragen findest Du im Anhang. Was denkst Du, sind die auch defizitorientiert oder treffen die es besser als der SF36-Fragebogen? Würde mich sehr interessieren, und auch unsere Forscher freuen sich immer über Rückmeldungen

Liebe Grüsse
Johannes

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Lieber Johannes,

jetzt musste ich erst mal suchen, wo denn Deine Antwort gelandet ist - ich hatte erst unten bei den Antworten geschaut, aber jetzt habe ich sie entdeckt.

Wenn Ihr an der technischen Seite arbeitet, vielleicht noch ein kleines...

Lieber Johannes,

jetzt musste ich erst mal suchen, wo denn Deine Antwort gelandet ist - ich hatte erst unten bei den Antworten geschaut, aber jetzt habe ich sie entdeckt.

Wenn Ihr an der technischen Seite arbeitet, vielleicht noch ein kleines Feedback: Ich finde die Schriftart, die z.B. im Blogbeitrag verwendet wird, sehr schwierig zum Lesen, weil die Schrift so dünn ist (während die Buchstaben gleichzeitig verhältnismäßig hoch, aber trotzdem recht nah beieinander sind). Meine Augen haben da Schwierigkeiten, das deckungsgleich zu bringen. Ich weiss nicht, ob es nur mir so geht - aber das Feedback wollte ich doch gerne geben. Den Schrifttyp in den Antworten finde ich deutlich besser zu lesen. In jedem Fall ganz herzlichen Dank für all Eure Arbeit und Euer Engagement - es ist toll, dass es das Forum gibt!

Ja, klar ist es mir auch eine Herzensangelegenheit, dass sich Dinge zum Guten ändern. Und klar versuche ich auch im Rahmen meiner Möglichkeiten, mich dafür einzusetzen. Ich sehe und bewundere aber auch, dass Francesco und andere da mehr in Bewegung setzen können als ich. Menschen sind einfach unterschiedlich, und das ist ja auch gut so. Letzten Endes können wir uns ergänzen, voneinander lernen, einander unterstützen. Auch über dieses Forum. Danke, dass es diese Plattform gibt!

Zur Bewertung der Triage bei der Lebensqualität muss ich ehrlich sagen, dass ich dazu bislang vor allem quergelesen habe. Meines Wissens gibt es da noch keine definitiven Richtlinien, aber die Frage nach der Lebensqualität einzubeziehen und dazu auf Tools zurückzugreifen war wohl teilweise schon im Gespräch (meines Wissens z.B. in UK). Die Stellungnahme des Ethikrats in Deutschland habe ich bislang leider auch noch nicht ganz lesen können (ich bin nur phasenweise fit genug, längere Texte zu lesen) - erschreckend fand ich aber die Berichterstattung der Medien dazu, in der darauf hingewiesen wurde, dass nicht aufgrund einzelner Merkmale wie des Alters entschieden werden dürfe, aber chronische Erkrankung oder Behinderung bei diesen Merkmalen nicht genannt wurden, und vor allen darauf hingewiesen wurde, welche negativen Folgen ein längerer Lockdown haben könnte, wie z.B. psychische Probleme oder erhöhte Selbstmordraten. Einerseits finde ich psychische Gesundheit natürlich wichtig - andererseits bin ich mir aber nur zu sehr dessen bewusst, wie häufig psychische Faktoren überschätzt und körperliche Faktoren unterschätzt werden und wie häufig beides gegeneinander ausgespielt wird. Und darüber, inwiefern ein Lockdown Selbstmordraten und psychische Probleme erhöhen würde, kann man aktuell ja auch nur mutmassen (zumal es ja vermutlich auch Einflussmöglichkeiten gäbe, wie weniger rigide Regelungen hinsichtlich staatlicher, z.B. finanzieller Unterstützung). Meiner Erfahrung nach sind gerade Menschen mit Diagnose einer psychischen Erkrankung oft erstaunlich gut darin, in akuten Problemlagen zurechtzukommen. Vielleicht, weil dann keine so große Differenz zwischen Selbst- und Außeneinschätzung besteht und mehr Unterstützung da ist? Wer weiss...

Ach ja, noch mal zur Deutschen Ethikkommission: So, wie ich das verstanden habe, hat sich die Kommission sehr zurückgehalten und gesagt, die Kriterien dürften nicht durch die Politik bestimmt werden, könnten aber durch die medizinischen Fachgesellschaften bestimmt werden. Mit dem Wissen, wie sehr Ableismus aber auch in medizinischen Fachgesellschaften verbreitet ist, finde ich das nicht wirklich beruhigend. Ich hätte mir gewünscht, dass sich der Ethikrat als eine Stimme der Schwachen versteht, derjenigen, die sonst keine Stimme haben. Das scheint aber leider nicht der Fall zu sein.

Lieben Dank für den Link; ich bin gespannt, da drüber zu schauen. Heute geht es leider nicht so gut - ich habe heute ein Schmerzlevel, bei dem ich mich schlecht konzentrieren kann.

Liebe Grüße und bleibt gesund,
odyssita

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Liebe odyssita

Danke für Dein Feedback zur technischen Seite. Ich habe es weitergeleitet und hoffe, dass sie es im Zuge der Arbeiten gleich mit berücksichtigen. Vielen Dank auch für das schöne Kompliment über die Community-Plattform, die freut...

Liebe odyssita

Danke für Dein Feedback zur technischen Seite. Ich habe es weitergeleitet und hoffe, dass sie es im Zuge der Arbeiten gleich mit berücksichtigen. Vielen Dank auch für das schöne Kompliment über die Community-Plattform, die freut uns sehr

Das mit Deinem Schmerzlevel tut mir leid zu hören! Geht es Dir mittlerweile wieder etwas besser?

Danke auch für die weiteren Informationen und Reflektionen. Wenn Du einmal wieder fitter bist, wäre ich sehr gespannt, was Du noch über die Triage-Kriterien herausfindest, denn das Thema finde ich sehr wichtig. Und falls Du einmal die Zeit findest, würde es mich noch interessieren, was Du über den Auszug aus dem SwiSCI-Fragebogen denkst, in dem es um Lebensqualität geht. Hattest Du den Anhang gesehen? Denn man sieht ihn offenbar nur, wenn man eingeloggt ist, drum hast Du ihn vielleicht nicht gefunden. Der Link war nur zur Evaluierungsstudie und ist mehr nur zu Dokumentationszwecken, aber zum Lesen wohl weniger interessant.

Liebe Grüsse
Johannes

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Lieber Johannes,

ich will nur schnell antworten - ich bin heute ziemlich platt, nachdem eine Lebensmittellieferung kam, die ich von der Haustür in die Wohnung bringen musste. Jetzt ist mein Muskeltonus ordentlich durcheinander, so ziemlich alle...

Lieber Johannes,

ich will nur schnell antworten - ich bin heute ziemlich platt, nachdem eine Lebensmittellieferung kam, die ich von der Haustür in die Wohnung bringen musste. Jetzt ist mein Muskeltonus ordentlich durcheinander, so ziemlich alle Muskeln unterhalb der oberen HWS beschweren sich schmerzhaft und ich merke grade, dass auch meine Handkoordination darunter leidet.

Auf den Rest antworte ich gern wann anders - Du darfst mich auch gern dran erinnern, denn mein Gedächtnis ist leider nicht so gut - aber nur schnell: Den Anhang kann ich leider nicht sehen, auch wenn ich eingeloggt bin. Wo sollte das Anhang-Symbol denn erscheinen? Da taucht nämlich keins auf. Die Fragen interessieren mich sehr!

Liebe Grüße,
odyssita

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Hallo Johannes,

schnell ein Link für Dich:

In diesem Interview mit einer Ethikerin geht es u.a. bei Minute neun um die Problematik, dass wohl teilweise diskutiert wird, die Lebensqualität der kommenden zehn Jahre in die Triage-Entscheidungen...

Hallo Johannes,

schnell ein Link für Dich:

In diesem Interview mit einer Ethikerin geht es u.a. bei Minute neun um die Problematik, dass wohl teilweise diskutiert wird, die Lebensqualität der kommenden zehn Jahre in die Triage-Entscheidungen einzubeziehen (quality-adjusted life years), was sehr Bias-belastet wäre.
https://twitter.com/mattbc/status/1250176433227350017

Auf Deinen Anhang bin ich sehr gespannt!

Liebe Grüße,
odyssita

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Hallo odyssita,

danke für den Link, ein interessantes Interview. Bleibt zu hoffen, dass Positionen wie von dieser Frau auch gehört werden. Wenn Du wieder mal auf etwas Interessantes zum Thema Triage-Kriterien stösst, bin ich sehr interessiert....

Hallo odyssita,

danke für den Link, ein interessantes Interview. Bleibt zu hoffen, dass Positionen wie von dieser Frau auch gehört werden. Wenn Du wieder mal auf etwas Interessantes zum Thema Triage-Kriterien stösst, bin ich sehr interessiert. Falls die Diskussion in die falsche Richtung geht, sollte man zeitig alle Register ziehen, um zu intervenieren und bevormundende Entscheidungen zu Lasten von Menschen mit Behinderung zu verhindern. Ich bin überrascht, dass ich das Thema kaum in grösseren Medien gefunden habe, denn in der Lombardei mussten derlei Triage-Entscheidungen ja offenbar schon getroffen werden und auch in unseren Ländern ist das ja noch keineswegs ausgeschlossen.

Den Anhang in meiner Antwort oben solltest Du jetzt sehen, war zuvor falsch eingestellt (nur ich selber konnte ihn sehen). Bin sehr gespannt auf Deine Meinung! Aber bitte mach Dir bloss keinen Stress deswegen, das reicht auch noch locker in einer Woche

Ich wünsche Dir einen schönen Abend mit Schwarzwurzeln und Ofenkartoffeln!

Liebe Grüsse,
Johannes

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Hallo Johannes,

nanu, bei Deiner neuen Antwort habe ich gar keine Option, auf "Antworten" zu klicken. Dann antworte ich halt hier.

Hm, die Tendenz, aus Sorge vor "Hysterie und Panik" schwierige Themen nicht zu behandeln bzw. zu beschönigen und...

Hallo Johannes,

nanu, bei Deiner neuen Antwort habe ich gar keine Option, auf "Antworten" zu klicken. Dann antworte ich halt hier.

Hm, die Tendenz, aus Sorge vor "Hysterie und Panik" schwierige Themen nicht zu behandeln bzw. zu beschönigen und über Themen, die für Menschen mit Behinderung sehr relevant sind, nicht zu berichten, ist ja nicht gerade neu, oder? Insofern sehe ich es auch sehr kritisch, wenn das Thema in den Medien nicht behandelt wird, aber es wundert mich jetzt nicht so sehr.

Letztens habe ich einen sehr guten Kommentar zum "Trolley-Problem" in der Ethik gelesen: Dass die richtige Antwort ist, nachzuforschen, welches systemische Versagen und welche Fehlentscheidungen dafür verantwortlich waren, dass überhaupt Abwägungen getroffen werden müssen, welche Menschen man rettet, und alles dafür zu tun, dass dies nicht noch einmal passiert.

Ich habe es glaube ich schon geschrieben, aber ich finde es wirklich erschreckend, wenn teilweise diskutiert wird, die Wirtschaft oder das Wohlbefinden der Starken über das Leben der Schwachen zu stellen. Und ich finde es auch erschreckend, wenn es als selbstverständlich angesehen wird, dass dem Leben von Menschen mit Behinderung weniger Wert beigemessen wird und man bereit ist, diese zuerst zu opfern. Mir war das vorher nicht ganz so klar, aber die Regelungen zur Vergabe von Organspenden bauen wohl z.T. auf ähnlichen Wertungen auf. Und ja, natürlich wäre es gut und wichtig, da gegenzulenken!

Zum Fragebogen zur Lebensqualität habe ich ehrlich gesagt ziemlich gemischte Gedanken. Lebensqualität ist viel zu komplex, um das so herunterzubrechen. Und ich finde es ganz grundsätzlich problematisch, wenn Lebensqualität als etwas angesehen wird, was mit einer einfachen Metrik gemessen werden kann und dann das Ergebnis dieser Metrik aber in unterschiedlichem Kontext angewendet wird. Denn es kommt ja auch immer auf den Kontext an. Und es macht letzten Endes einen sehr großen Unterschied, ob die Frage, die dahinter steht ist, ob Therapien oder OPs befürwortet und bewilligt werden (weil die Lebensqualität ausreichend schlecht eingeschätzt wird, um den Leidensdruck zu sehen und dies zu befürworten), oder ob das Ganze zum Nachteil ausgelegt wird - z.B. um jemanden in einer Triage-Situation hintenan zu stellen oder um zu argumentieren, dass die psychische Verfassung und Selbsteinschätzung das eigentliche Problem sei. Ich sehe da Missbrauchspotential, und das macht mich nachdenklich. Letzten Endes hat jede Metrik, die in diagnostische oder therapeutische Entscheidungsalgorithmen einbezogen wird meiner Meinung nach ein Unschärfe-Problem, weil jede Metrik eine Vereinfachung ist und man nicht davon ausgehen kann, dass derjenige, der den Fragebogen ausfüllt, und derjenige, der ihn bewertet, dabei ans selbe denken. Ich denke, man müsste da viel mehr differenzieren und die Fragen stattdessen konkret, auf die jeweilige Situation bezogen, stellen. Das würde das Problem von Unschärfen und Bias reduzieren und eher sicherstellen, dass die Autonomie (im Sinne selbstbestimmter Enscheidungen über das eigene Leben) der Betroffenen nicht durch Unschärfe, Intransparenz und Bias gefährdet wird.

Wenn so ein Fragebogen in der Forschung eingesetzt wird halte ich es auch für wichtig, dass der Kontext und die Fragestellung entsprechend klar dargestellt wird. Denn Forschungsergebnisse sind die Basis für die Entwicklung von diagnostischen und therapeutischen Algorithmen und für politische Entscheidungen.

Insofern macht mir der Fragebogen ehrlich gesagt ein ziemlich ungutes Gefühl. Auch die Frage "wie zufrieden sind Sie..." und die verschiedenen Stufen von zufrieden und unzufrieden finde ich etwas schwierig. Das wären keine Worte, die ich wählen würde. Ich würde diese Worte nicht wählen, weil sie anders interpretiert werden könnten, als ich sie meine. Das ist ein Problem, das ich mit jedem Fragebogen bislang hatte, der Aussagen über die Lebensqualität treffen wollte. Ein Problem, das jeder dieser Fragebögen aus meiner Sicht hat ist, dass für mich nicht erkennbar ist, dass es möglich ist, zu sagen "naja, klar wäre es schöner, wenn ich gesünder wäre/mehr machen könnte etc., aber es ist nun mal wie es ist, ich kenne die Grenzen meines Körpers, habe mich damit arrangiert und ich geniesse mein Leben".

Ich glaube, das ist auch deswegen so ein empfindliches Thema, weil Menschen mit Behinderung oder chronischer Erkrankung jede Aussage zur Lebensqualität in verschiedenem Kontext negativ ausgelegt werden kann. Man sagt, dass es einem nicht so gut geht? Dann wird man beschuldigt, zu negativ zu denken und selber schuld zu sein, dass es einem nicht besser geht. Man sagt, dass man zufrieden ist und es einem gut geht? Dann wird einem Unterstützung verweigert oder man wird beschuldigt, sich nicht genug anzustrengen, um die Behinderung oder chronische Erkrankung "zu überwinden". In der Gesellschaft, die durch Ableismus geprägt wird, scheint oft der einzige akzeptable Narrativ zu sein, dass man die Behinderung "überwindet" und entweder gesund wird oder "trotz Behinderung" sportliche Höchstleistungen etc. bringt (weshalb ich mit solchen Berichten zunehmend meine Probleme habe).

Ich bin gespannt auf weitere Diskussionen zum Thema!

Liebe Grüße,
odyssita

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Hallo Johannes,

noch ein - vermutlich unvollständiger - Nachgedanke zum Thema Lebensqualität.

Ich denke, die Lebensqualität setzt sich aus unterschiedlichen Faktoren zusammen. Zum einen die "harten Faktoren" wie Wohnsituation, gesundheitliche...

Hallo Johannes,

noch ein - vermutlich unvollständiger - Nachgedanke zum Thema Lebensqualität.

Ich denke, die Lebensqualität setzt sich aus unterschiedlichen Faktoren zusammen. Zum einen die "harten Faktoren" wie Wohnsituation, gesundheitliche Situation, finanzielle Situation, soziales Netzwerk, Zugang zu Unterstützungsangeboten etc., was sich am ehesten noch objektivieren lässt (und selbst das ist problematisch, z.B. beim Thema Schmerzen - selbst bei diesen Bewertungen kommt es sehr häufig zu Fehleinschätzungen bei Gutachten etc.).

Ein weiterer Faktor ist die Persönlichkeit, wie z.B. die Resilienz, wie gut man sich mit schwierigen Situationen arrangieren kann, ob jemand eher optimistisch oder pessimistisch veranlagt ist, ob jemand eher geduldig oder ungeduldig ist, wie viel Gesellschaft oder Zeit für sich alleine jemand braucht etc.

Und als drittes, ein wichtiger Punkt: Die Frage nach den Werten und ein Stück weit auch nach dem Menschenbild, denn auch das spielt in die Bewertung mit hinein. Wieviel Bedeutung hat für jemanden körperliche Leistungsfähigkeit, Image, soziale Anerkennung, Karriere, wirtschaftliche Leistung etc.. Was bedeutet für jemanden Glück? Was ist für jemanden ein erfülltes Leben?

All diese Faktoren sind relevant, wenn es um die Frage nach der Lebensqualität geht. Und jede Verkürzung und fehlende Differenzierung kann zu falschen Bewertungen und Fehleinschätzungen durch andere führen. Ich denke, man kann und sollte das nicht so vereinfachen.

Liebe Grüße,
odyssita

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Lieber Fritz

"Wenn die Betten knapp sind, werden wir QS'ler kaum erste Wahl sein."

Dein Beitrag verschärft auch bei mir wichtige Gedankengänge. Erschüttert bin ich zwar nicht; in meinem fortgeschrittenen Alter und der Behinderung empfinde ich...

Lieber Fritz

"Wenn die Betten knapp sind, werden wir QS'ler kaum erste Wahl sein."

Dein Beitrag verschärft auch bei mir wichtige Gedankengänge. Erschüttert bin ich zwar nicht; in meinem fortgeschrittenen Alter und der Behinderung empfinde ich eine Triage zugunsten junger, gesunder Menschen absolut gerecht. Entsprechend angepasst habe ich meine Patientenverfügung. Bedeutend schwieriger zu beurteilen ist tatsächlich die Lebensqualität der einzelnen Person oder einer Gruppe, wie es Odyssita eindrücklich beschreibt. Käme da eine Ethikkommission nicht auch an ihre Grenze?

Fazit: Auch nach der Quarantäne werde ich mich nicht unnötigen Risiken aussetzen und mich weiterhin strikte an die Hygienevorschriften halten. Ausnahmen - auf eigene Verantwortung - werde ich mir aber gönnen: Meine Jungfamilie umarmen, Freundschaften pflegen, eine Ausstellung besuchen, einen Zoobesuch mit Scooter geniessen und mich ab und zu in meinem Lieblingsbeizli verwöhnen lassen. Die Hoffnung auf eine baldige Impfmöglichkeit werde ich nicht aufgeben.

"Aber die Amsel singt trotzdem." Diese Worte haben mich heute von einer langjährigen Freundin erreicht. Sie unterstützen mich in meiner Zuversicht.

Möglichst angenehme Ostertage im trauten Heim wünscht Dir

cucusita

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Liebe cucusita,

mir ging es auch so, dass ich für mich schon überlegt habe, dass ich jemandem mit Kindern den Vortritt lassen würde. Ich lebe gerne und ich geniesse das Leben, aber ich habe schon vor einigen Jahren meinen Frieden damit gemacht,...

Liebe cucusita,

mir ging es auch so, dass ich für mich schon überlegt habe, dass ich jemandem mit Kindern den Vortritt lassen würde. Ich lebe gerne und ich geniesse das Leben, aber ich habe schon vor einigen Jahren meinen Frieden damit gemacht, dass ich irgendwann gehen muss.

Für mich macht es aber irgendwie doch einen großen Unterschied, ob das die Entscheidung des einzelnen ist - meine Entscheidung - oder ob von außen über eine Gruppe von Menschen entschieden wird, anhand von problematischen Kriterien. Ganz problematisch finde ich es, wenn solche Entscheidungen auf eine Weise getroffen werden, dass privilegierte Menschen zu Lasten von benachteiligten Gruppen entscheiden und Bias, Vorurteile, Ableismus und Diskriminierung mit hinein spielen. Und grade an der Grenze zur Eugenik finde ich muss man sehr, sehr vorsichtig sein.

Hinsichtlich Ethikkommissionen frage ich mich, wie diese aufgebaut sind. Haben dort Menschen aus benachteiligten Gruppen Mitspracherecht, sind sie in Entscheidungen einbezogen, sind sie Teil des Kommittees? Wenn nicht, fände ich es wirklich problematisch.

Liebe Grüße,
odyssita

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