Hallo Ihr Lieben,
ich war länger nicht hier und will schnell vorbeischauen, auch wenn mein Körper mir signalisiert, dass ich mich besser hinlegen sollte.
Mir geht's soweit gut. Ich priorisiere es, alle Ansteckungsmöglichkeiten zu vermeiden. Konkret bedeutet das, dass ich größtenteils in meiner Wohnung bin. Meine sozialen Kontakte laufen über Internet und Telefon.
Ich informiere mich aktiv und versuche, zu lernen, was Forscher zu sagen haben. Ich bin ein Nerd - ich lerne gerne dazu, ich arbeite mich gerne in Themen ein. Für mich ist das keine Belastung, sondern eine Hirnmassage und etwas, was mir gut tut.
Mein Fazit ist:
Man darf dieses Virus nicht unterschätzen. Die Verläufe sind zum Teil schwer, und diejenigen, die als gesundet in den Statistiken auftauchen, sind lange nicht alle gesund. Es kann sein, dass Langzeitfolgen, vielleicht auch dauerhafte Folgen, bleiben. Wir müssen uns darauf einstellen, dass durch dieses Virus viele Menschen neu behindert sein könnten.
Es wird auch immer klarer, dass dieses Virus soziale Ungerechtigkeiten verschärft. Wer privilegiert ist, genug Platz zum Wohnen hat, nicht darauf angewiesen ist, für seinen Lebensunterhalt aus dem Haus zu gehen und mit Menschen in Kontakt zu kommen, wer keine Pflege benötigt, hat weniger Risiko als andere. Es ist ein Virus, das die Privilegierten, die an ihrem alten Leben festhalten wollen, weitertragen, und das diejenigen, die keine Wahl haben, um so härter trifft.
Für mich geht damit die Frage nach sozialer Verantwortung einher. Es erschreckt mich, wie viele Menschen ihre eigenen Wünsche und Annehmlichkeiten über das Leben und die Lebensnotwendigkeiten anderer stellen. Ich sollte nicht überrascht sein - wir haben das selber ja oft erlebt, wenn uns so begegnet wurde.
Ich priorisiere es, alles zu tun, um mich nicht anzustecken und die Infektion nicht weiterzutragen, weil ich diese soziale Verantwortung sehe und ernst nehme. Ich definiere mich als jemand, dem andere Menschen nicht egal sind. Ich kann es nicht gut aus dem Englischen übersetzen, darum sage ich es auf englisch: "I care". Und die schmerzhafteste Frage für mich ist, so viele Menschen um mich herum zu sehen und mich zu fragen: "Why don't you care? Why don't you care about the vulnerable? Why don't you care about me?"
Ich bin mir dessen sehr schmerzhaft bewusst, dass in dem Fall, dass die Infektionen außer Kontrolle geraten und die Krankenhäuser die Last nicht stemmen können, Menschen mit Behinderung vermutlich die geringsten Chancen haben werden, medizinische Hilfe zu bekommen.
Die Risiken sind sehr ungleich verteilt, und viele soziale Ungerechtigkeiten werden verschäft und deutlich sichtbar. Ableismus gehört auch dazu.
Zu Deiner Frage mit den Masken:
Masken sind wichtig. Selbst, wenn die Forschung noch nicht alles weiss, sollte man lieber auf der Seite der Vorsicht irren. Die Seite der Vorsicht bedeutet: Masken tragen, und wenn man nach Hause kommt, ab in die Wäsche damit (bei Stoffmasken). Die Forschung kommt immer mehr zu dem Schluss, liefert immer mehr Evidenz dafür, dass Masken wichtig sind. Insgesamt kann man - wie eigentlich immer im Leben - nicht in Schwarz und Weiss denken, sondern in Prozenten. Es geht um eine Reduktion des Risikos, nicht darum, es auszuschalten.
Stoffmasken schützen vor allem die anderen. Man kann selber infiziert sein und es nicht wissen. Sie zu tragen bedeutet, verantwortlich zu sein, sich dafür einzusetzen, andere zu schützen. Mehrere Lagen scheinen einen besseren Effekt zu haben als einlagige, und die Kombination von Baumwolle mit anderen Stoffen scheint besser zu funktionieren als nur Baumwolle, vermutlich durch elektrostatische Effekte.
Masken mit Ventil hat ein Freund von mir "Egoistenmaske" genannt - sie schützen den Träger, aber nicht die anderen.
FFP2-Masken ohne Ventil können beide Seiten schützen, werden aber auch im Gesundheitssystem benötigt und sollten daher nicht gehortet und verantwortlich eingesetzt werden. Für uns, mit Gesundheitsproblemen, finde ich es angemessen, FFP2-Masken zu tragen.
Die Verwirrung um Masken am Anfang hatte aus meiner Sicht zwei Gründe:
Erstens die Sorge, dass alle Privatleute und Firmen anfangen, Masken aufzukaufen und ggf. sogar damit zu spekulieren, und die Mitarbeiter im Gesundheitssystem nicht genug Masken haben. Das war ein reales Problem, das nicht verschärft werden sollte.
Zweitens gibt es in der Wissenschaft und der Medizin oft die Tendenz, erst zu handeln, wenn die Evidenz entsprechend ist. Wenn man genug weiss. Ein Bias zur Untätigkeit. Dr. Mike Ryan von der WHO hat schon früh gedrängt, dass man dieses Denken in einer Pandemie ablegen muss. Wenn man sich erst traut, zu handeln, wenn man meint, perfekt handeln zu können, dann wird man zu spät sein. Man muss hier auf der Seite der Vorsicht irren.
Ganz grundsätzlich finde ich es wichtig, sich damit zu beschäftigen, wie Wissenschaft funktioniert. Es fängt damit an, dass man vor einem Problem steht, das man nicht kennt. Über das man nichts weiss. Wissenschaft ist die Methode, mit der man versucht, Antworten zu finden. Viele Wissenschaftler schauen das Problem von verschiedenen Seiten an, lernen voneinander, machen einander darauf aufmerksam, wenn einer etwas übersehen hat und Fehler gemacht hat. Das ist ein normaler wissenschaftlicher Prozess. Normalerweise passiert er im Schneckentempo und man bekommt ihn nicht mit, sondern erst das Ergebnis, am Schluss. Aktuell passiert dieser Prozess viel, viel schneller und vor den Augen der Öffentlichkeit.
Die Artikel im Vademecum geben auch einen guten Einblick und können zum Weiterlesen hilfreich sein.
Vademecum
Liebe Grüße, und passt auf Euch und die Leute um Euch herum auf!
odyssita