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Leben mit Querschnittlähmung

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  3. Montag, 06. November 2023

Hallo Ihr Lieben, heute sprechen wir über Rechte, die eine behinderte Person in der Schweiz geniesst. 

Es kann schnell passieren von einer Sekunde auf die andere oder auch von einem Tag auf den anderen, ob durch Unfall oder durch eine Krankheit bedingt, kann sich das Leben schnell verändern.

Man ist oftmals alleine, aber auch wenn nicht, ist man im Laufe der Zeit schnell überfordert. Deshalb hier ein paar hilfreiche Tipps und Links. 

Vorab: Unser Gesundheitssystem und Gesundheitsversorgung ist komplex, so komplex dass manchmal gar die Institutionen selbst nicht genau wissen wie, wo und was. Hiermit möchte ich ein paar Lichtblicke in das dunkle Kapitel geben. 

Unfallversicherung (z. B. Suva): Bei Eintreten einer Behinderung durch Unfall ist die Unfallversicherung zuständig. Hier muss ich traurigerweise sagen, dass wer als unfallbedingt anerkannt wird, ist in fast jeder Hinsicht viel besser gestellt im Vergleich zu krankheitsbedingt / IV! Von einer lebenslangen Invalidenrente von 70 % des letzten Einkommens bis zur Versorgung mit Hilfsmitteln. Aber Achtung: Unfall ist nicht gleich Unfall. Wenn jemand einen Unfall durch Sturz oder ähnliches hat und im Rollstuhl landet, aber dieser Unfall durch eine Krankheit verursacht wurde (wie z. B. Schlaganfall, Bluthochdruck oder Ohnmacht), wird er oder sie nichts von der Unfallversicherung erhalten, sondern dann ist die IV zuständig. 

IV: Wenn man durch eine Krankheit im Rollstuhl landet, egal ob von einer Sekunde auf die andere oder durch eine Langzeit-Erkrankung, ist die Behörde IV zuständig. Und leider gibt es gegenüber der Unfallversicherung einen enormen Unterschied beim finanziellen Aspekt und bei der Versorgung mit Hilfsmitteln. 

Ein konkretes Beispiel: Nehmen wir an, Frau X platzt eine Aorta, sie wird operiert und bleibt querschnittgelähmt. Nach dem Spital wird sie in der Regel in eine Reha transferiert, wo sie alles neu lernt. In diesem Fall hilft das Rehazentrum schon viel mit den Anträgen, um eine IV-Rente zu erwerben. Ab dem Moment, wo man der IV einen Antrag stellt für eine IV-Rente, kann dies von 6 Monaten bis zu gar 2 Jahre gehen, bis ein definitiver Entscheid steht und wie hoch der Grad der Invalidität ist. Meistens müssen Betroffene, obwohl der Fall klar und ärztlich attestiert ist, eine zusätzliche Untersuchung durch die IV über sich ergehen lassen.

Hat man alles hinter sich, wird sich der Entscheid mit einer Verfügung erteilt. (Beachtet immer, dass ihr bei jedem Entscheid der IV 30 Tage Recht auf Einspruch habt, egal bei welchem Entscheid.) Wie viel Rente man bekommt, ist immer abhängig davon, was man als Beruf gemacht hat, wie viel man verdient hat und wie alt man ist – doch eins ist gewiss, es kann von 400.- CHF bis maximal 2000.- CHF gehen (eine volle Rente von 100 % gibt es schon ab 70 % Grad Invalidität).

Natürlich kommt nun gleich die Frage: Aber wie soll man leben mit so wenig Rente? Nun dazu kommen dann die EL (Ergänzungsleistungen des Kantons), dies ist in unserer Verfassung integriert und ein Recht für alle, die in der Schweiz leben. Aber Achtung: Eine EL wird nur verfügt, wen man nicht vermögend ist. 

Mehr zum Anspruch auf EL findet ihr unter den Links https://www.ahv-iv.ch/de/Sozialversicherungen/Ergänzungsleistungen-EL und https://www.proinfirmis.ch/behindertwastun/assistenz/verguetung-von-kosten-der-pflege-betreuung-und-hilfe-zu-hause-durch-die-ergaenzungsleistungen.html

So oder so, in diesem Dschungel von Rechten und Pflichten ist man schnell überfordert.
Und drum keine Sorge, ihr seid niemals alleine, es gibt Organisationen, die mit Anwälten auf diesem Gebiet gratis unterstützen (wobei gratis heisst, man sollte trotzdem Mitglied werden, aber die Mitgliedschaft kostet meistens von 50.- CHF bis 65.- CHF pro Jahr, und angesichts dessen was sie leisten, ist jeder Rappen mehr als verdient).

Allgemein haben Menschen mit einer Behinderung folgende Organisationen als Hilfe: 

Diese zwei bieten eine kompetente und komplette Unterstützung, welche Rechte man hat oder nicht, inklusive Versorgung mit Hilfsmitteln etc. 

Wer speziell eine Rückenmarksverletzung erlitten hat, egal ob Unfall oder Krankheit, der ist gut versorgt mit der Schweizer Paraplegiker-Vereinigung SPV: https://www.spv.ch/de 

Nun zu den verschiedenen Rechten in Bezug auf Hilfsmittelversorgung und Anspruch auf eine Assistenzperson: 

Bei der Hilfsmittelversorgung von Rollstuhl bis zum Antrieb und vom Umbau des eigenen Zuhause oder des Fahrzeugs ist bei unfallbedingter Querschnittlähmung (siehe Beschreibung oben) die Unfallversicherung direkt zuständig und man hat eine umfassende Versorgung zugute, z. B. zwei Rollstühle statt einem etc. etc. (wie erwähnt bei der Unfallversicherung läuft es komplett anders und wesentlich besser als bei der IV).

Bei der IV hat man Anspruch auf Versorgung und Hilfsmittel, die «einfach und zweckmässig» sind.

Wenn jemand nicht mehr arbeitet oder arbeitsunfähig ist, hat er Recht auf eine Rollstuhl-Versorgung plus einen Hilfsantrieb, oder einen elektrischen Rollstuhl. Falls jemand berufstätig ist (bereits ab 50 %), hat er automatisch Anrecht auf eine zweite Rollstuhl-Versorgung. Jedes Hilfsmittel ist natürlich zuerst in einem Hilfsmittel-Geschäft zu beschaffen (hier lege ich euch ans Herz, dass ihr euch vorab gut über das Hilfsmittel-Geschäft erkundigt, denn es gibt leider auch viele unprofessionelle Geschäfte). 

Sobald man ein gewünschtes Hilfsmittel gefunden hat, wird das Geschäft eine Offerte machen, meistens müsst ihr diese auch unterschreiben. Danach geht der Antrag an die IV, die wiederum muss laut Bundesgesetz den Auftrag zur Überprüfung an die Fachstelle SAHB Schweiz erteilen. Die SAHB prüft, ob das Hilfsmittel zweckmässig ist. Da die SAHB die offizielle Depotstelle der IV ist, schaut sie auch in ihrem Lager nach, ob sie ein vergleichbares Hilfsmittel hat, das über die genau gleichen Masse verfügt, die man braucht, und falls ja, dann erhält man automatisch das Hilfsmittel von der SAHB-Depotstelle, ob man es will oder nicht. Sollten aber die Masse nicht stimmen oder die Anpassung nicht passen, oder sollte die SAHB das Hilfsmittel nicht für zweckmässig befinden, dann gibt die SAHB eine Rückmeldung an die IV, und die IV wird dann eine Verfügung erteilen oder eben auch nicht…  aber erneut Achtung, denn manchmal erteilen die SAHB oder die IV einfach so ein Nein, das lasst euch niemals einfach so bieten, sondern kontaktiert sofort eine Hilfestelle (siehe die Organisationen oben). Öfters wird nach einer Ablehnung der IV und einem Einspruch der versicherten Person dann doch noch eine Verfügung erlassen.  

Zusammengefasst hat man folgende Ansprüche: 

  • Umbau Zuhause (Anpassung wie Bad oder die Zugänglichkeit der Räume) 
  • Umbau eines eigenen Fahrzeugs (damit die eigene Mobilität gewährleistet wird)
  • Hilfsmittelversorgung wie Rollstuhl und Elektroantrieb oder ein elektrischer Rollstuhl 
  • Assistenzbeitrag und Hilflosenentschädigung (siehe unten)

Diese Punkte sind ein bedingungsloser Anspruch, d. h. auch wenn man erwerbsfähig ist und keine IV-Rente bezieht, wird der Grad einer Hilflosenentschädigung und wie viele Stunden man Anrecht auf Assistenz hat, immer gemäss dem Behinderungsgrad bestimmt. 

So oder so es gibt unzählige Gesetze und Rechte, dass es am Ende immer besser ist, einen Lebensberater oder Sozialarbeiter zu hben. Ihr solltet niemals alles alleine unternehmen oder es einfach so hinnehmen. Fragt immer nach Hilfe oder Rat, und selbstverständlich kann ich euch unentgeltlich auch Rat oder meine Hilfe anbieten. Vergesst nie, Fragen kostet nichts, und es gibt niemals dumme Fragen, nur dumme Antworten 😉 

Hier einige hilfreiche Links: 

Hoffe ich konnte euch ein paar hilfreiche Tipps geben, und bleibe wie immer offen für einen Dialog oder Fragen.

Herzlich

Franz 



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