Rehabilitation & Therapie
- mondschrein Angesehener Autor
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- Donnerstag, 27. September 2018
Er klagt über Schmerzen in den Beinen, so eine Art Muskelkater. Es ist für mich nachvollziehbar, dass die funktionierenden Muskeln eine Mehrarbeit leisten und darum stark gefordert sind und mit Muskelkater reagieren. Aber ist das normal, dass er diese Schmerzen nun seit Beginn der Reha (Ende Juni) hatt und es keine Verbesserung gibt. Oder ist das eher ein Zeichen der überforderung der Muskeln und Bänder. Gibt es das Erfahrungen von euch?
Danke für eure Infos.
ich war länger nicht im Forum und sehe schon, es gibt viele neue Beiträge aufzuarbeiten. Da ich grade nicht so viel Zeit habe, will ich aber erst einmal schnell hier schreiben, da noch niemand geantwortet hat. Schön, dass Du uns hier im Forum gefunden hast und Teil der Community bist, das freut mich!
Vielleicht hast Du hier schon ein bisschen von mir gelesen - ich bin ja nicht so der Standardfall. Deine Fragestellung hat mich aber angesprochen. Das wäre eine gute Frage für Dr._Hans gewesen... Eine ähnliche Frage wurde ihm auch schon mal gestellt, das hast Du ja sicher schon gelesen: https://community.paraplegie.ch/t5/Frag-den-Doktor/Muskeltraining/m-p/3227#M34
Ich bin ja auch gehfähig (mit guten und schlechten Tagen) - ich habe allerdings noch eine Grunderkrankung, daher ist es immer etwas schwierig, zu beurteilen, was woher kommt. Die Einschränkung meiner Gehfähigkeit korreliert jedoch mit meinen HWS-Beschwerden, daher vermute ich schon, dass das in erster Linie vom Rückenmark her kommt.
Wenn ich zu viel gehe, dann bekomme ich auch schmerzende, dicke und etwas verhärtete Beine. Diese Schmerzen würde ich als Muskelschmerzen interpretieren, aber es ist anders als ein Muskelkater - eher drückend, bohrend, dumpfer, nicht auf einzelne Muskelgruppen begrenzt und der Schmerz ist nicht von einzelnen Bewegungen abhängig. Die Schmerzen beginnen bei mir meist in den Füßen, dann die Waden, Oberschenkel, und so wandern sie bis nach oben in den Rücken und Nacken, bis ich mich komplett zerschlagen und wie durch die Mangel gedreht fühle. Jeder einzelne Schritt verstärkt dann diese Schmerzen, und auch im Sitzen oder Liegen lassen sie nicht nach und halten meist ca. drei Tage an - wenn ich mich in diesen drei Tagen schone und wenig gehe, dann bin ich danach wieder fitter.
Wenn ich den Punkt, wenn ich in Gefahr bin, mich zu übernehmen, erkenne und mich schnell (wirklich schnell - eigentlich sofort!) hinsetze und ein paar Minuten ausruhe, dann kommt es nicht zu diesen Schmerzen, und ich kann nach der Pause auch wieder weiter gehen. Deshalb plane ich Pausen ein, habe einen Hocker dabei um unterwegs zu sitzen, stütze mich beim Einkaufen auf den Wagen auf etc.. Interessanterweise gibt es Tage, an denen ich mehr und andere, an denen ich weniger Pausen brauche.
Das Wichtigste ist für mich also eigentlich wirklich das Pausenmanagement. Wenn es doch zu diesen Schmerzen kommt, dann hilft mir eine Massage der Waden und vor allem der Fußsohlen. Ich empfinde es auch als etwas schmerzlindernd, wenn ich dann mit den Waden auf einer Akupressurmatte liege, oder wenn ich in ein warmes Bad gehen kann. Da ich aufgrund der Schmerzen dann meist nicht schlafen kann, nehme ich zum Abend (wenn auch ungern) dann auch ab und zu ein Schmerzmittel.
Was ich außerdem versucht habe, damit es nicht so schnell zu den Schmerzen kommt: Kompressionsstrümpfe (leichtere/mittelstarke Kompression) und vor allem propriozeptive bzw. sensomotorische Einlagen. Als die Einlagen angefertigt wurden, habe ich bei der zuvor durchgeführten Ganganalyse und Beratung auch von den schmerzenden Beinen/Waden erzählt, und das wurde mit einbezogen. Die Einlagen helfen mir wirklich sehr; ich laufe damit deutlich besser und habe seltener diese Schmerzen.
Als ich dieses Jahr in Reha war, konnte ich übrigens recht eindrücklich beobachten, was bei mir passiert, wenn ich zu viel gehe und nicht ausreichend Pausen habe: Ich war immer schlechter zu Fuß unterwegs. Jetzt, zu Hause, gehe ich weniger - und kann so, wenn ich zuvor zwei Ruhetage eingeplant und einen guten Tag habe, wieder Strecken bewältigen, die in der Reha nicht denkbar gewesen wären. Ich nutze dafür statt zu Fuß zu gehen mein Fahrrad mehr (vollgefedert, mit Rückspiegeln und höhergelegtem Lenker) - das ist für meine Beine viel weniger anstrengend; ich vermute, weil ich dazu weniger Koordination benötige und die Bewegung durch die Pedale geführt wird. Nachdem meine Gangstörung begonnen hat, hatte ich mich zunächst nicht aufs Fahrrad getraut und auch anfangs sehr wackelig gefühlt; inzwischen geht das aber wieder gut. Und es tut richtig gut, so wieder mit weniger Mühe und schneller voranzukommen...
Liebe Grüße, gerne auch unbekannterweise an Deinen Mann,
odyssita
- vor über einem Monat
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- # 1 1
Herzlichen Dank für deine Antwort. Ja genau, ich habe dein Frage und dann die Antwort gelesen.
Danke für deine so genaue Beschreibungen.
LG
- vor über einem Monat
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- # 1 2
gern.
Vielleicht melden sich ja noch andere hier mit ihren Erfahrungen - das wäre für mich auch interessant.
Beschreibt das Dein Mann denn ähnlich, wie ich das erlebe - oder fühlt sich das bei ihm anders an? Ich habe mich bislang auch noch nicht mit so vielen dazu austauschen können, und ich fände es interessant, herauszufinden, ob andere Ähnliches erleben. Ob diese Beschwerden typisch sind, weiss ich nämlich auch nicht.
Liebe Grüße,
odyssita
- vor über einem Monat
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- # 1 3
- vor über einem Monat
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- # 1 4
klar, man steckt in niemand drin - und ich musste auch erst lernen, das, was ich in meinem Körper wahrnehme, in Worte zu fassen. Ich denke auch - nach dem, was Du schreibst - dass Dein Mann im Bereich der Beine schwerer betroffen ist als ich. Ich kann ohne Stöcke gehen, knicke dabei aber oft in Knie und Hüfte ein.
Als eine Mischung aus Krämpfen und Muskelkater würde ich das Gefühl, das ich immer wieder habe, vielleicht auch beschreiben können. Das Gefühl mit dem Karton kenne ich so, glaube ich, nicht - bei mir fühlen sich die Beine dann eher sehr schwer und schwach an. Da ich schon ein paar Jahre damit lebe, habe ich aber auch den Vergleich zu früher nicht mehr so gut im Kopf. Ich muss mal genauer drauf achten - es kann auch sein, dass ich dann, wenn die Schmerzen kommen und sich die Muskeln verkrampft anfühlen, weniger einknicke. Wenn ich mich richtig erinnere, habe ich gelesen, dass manche die Spastik auch gezielt nutzen können, um zu stehen/gehen. Das ist wohl gerade dann, wenn man medikamentös eingreift, eine Gratwanderung.
Ich selber nehme keine Medikamente, die Einfluss auf meinen Muskeltonus haben, da ich wegen meiner Grunderkrankung (eine hypermobile Bindegewebserkrankung) generell einen höheren Muskeltonus brauche, um meine Gelenke zu stabilisieren. Und zum Glück habe ich diese Art von Schmerzen mit einem entsprechenden Pausenmanagement recht gut im Griff.
Ist Dein Mann in einer Reha, die auf Rückenmarksverletzungen spezialisiert ist?
Ich war bislang in zwei Rehas. Man will da ja auch selber mitziehen und viel erreichen, und es gibt so viele Angebote... Rückblickend war es für mich so, dass ich aus beiden Rehas viel mitgenommen und viel gelernt habe, das Therapieprogramm aber eigentlich zu viel für mich war. Die Rehas waren super, um neue Therapien auszuprobieren und mich auch mit anderen Patienten auszutauschen. Aber danach musste ich mich erst einmal von der Reha erholen - und so richtig profitiert von der Reha habe ich erst hinterher, als ich das neu Erlernte und neue Therapien in meinem eigenen Rhythmus umsetzen konnte, mir die Ruhepausen nehmen konnte, die ich gebraucht habe, und die Therapien aussortiert habe, die für mich nicht hilfreich waren. Die Therapie, die für mich am hilfreichsten ist, ist übrigens Bewegungsbad mit speziell angepassten Übungen. Dabei machen mir meine Muskeln keine solchen Probleme (tatsächlich habe ich im Wasser die wenigsten Schmerzen und Beschwerden), und die tiefe Muskulatur im Rumpf lässt sich super mit trainieren.
Viele Grüße,
odyssita
- vor über einem Monat
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- # 1 5
Mein Mann ist in einer spezialisierten Reha (in der Suva auf der Paraplegikerabteilung). Im November 17 war er auch schon einen Monat auf der Reha (damals einfach intensiv Neurorehabilitation, da damals noch nicht die richtige Diagnose stand). Dort machte er auch recht viele Fortschritte, die jedoch nicht allzu lang anhielten, schon aus dem Grund weil der Grund der Erkrankung ja nciht erkannt wurde und diese somit weiter fortschritt.
Ich finde es sowie recht schwierig, in der Reha in der adaptierten Umgebung, macht er gut Fortschrtitte, auf dem Laufband konnte er 600 m gehen. Oder zur Therapie schafft er ca. 400 m. Bei uns zu Hause, im Haus, ist er viel schneller am Anschlag. Am Wochendene konnten wir zur Nachbarin gehen (er zu Fuss und ich nahm den Rollstuhl mit), da waren 300 m das Höchste der Gefühle. Versteh mich nicht falsch, wie er dort gelaufen ist, war einfach genial, aber eben - weniger als in der adaptierten, gesicherten Umgebung. Aussedem ist er bei einer Treppe so umgfallen, dass er sich den Kopf aufgeschlagen hat...
Ich bin gespannt, wie die Fortschritte zu Hause weiter verlaufen.
LG
- vor über einem Monat
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- # 1 6
eine spezialisierte Reha ist sicherlich eine Bereicherung - einerseits, weil die Ärzte und Therapeuten mit dem Krankheitsbild Erfahrung haben, und andererseits, weil man sich mit anderen Patienten austauschen kann. Die Kombination von Erfahrung einerseits und Bereitschaft, auf den Einzelfall einzugehen und auch auf ungewöhnliche Verläufe einzugehen anderseits ist sicherlich das Optimum.
Bei mir war es so, dass ich über die Jahre gelernt habe, den Ärzten und Therapeuten viel Rückmeldung zu geben, statt kommentarlos mitzumachen. Ich habe das als sehr hilfreich und für mich wichtig erlebt - so wird die Therapieplanung zur Teamarbeit. Und es ist halt einfach so, dass es kein Schema F gibt, dass nicht jede Therapie für jeden gleich gut geeignet ist, dass nicht alle Verläufe gleich sind. Eine Prognose über einen Einzelfall kann niemand mit Sicherheit abgeben - selbst, wenn der Verlauf bei 97% der Patienten mit einer bestimmten Verletzung auf eine bestimmte Weise verläuft, kann man nie sagen, ob man nicht bei den 3% ist, bei denen der Verlauf anders ist.
Was fühlt sich gut an, was nicht so? Wie geht es mir nach der Therapie? Gibt es Frühwarnsignale, dass mir etwas nicht gut tut und ich hinterher lange brauche, um mich davon zu erholen? Gibt es Übungen und Therapien, bei denen ich den Eindruck habe, dass sie für mich nicht so hilfreich sind? Kann ich dabei Muster erkennen (z.B. Wärme tut gut/tut nicht gut, zu häufige Wiederholungen tun nicht gut, zu kurze Pausen tun nicht gut, Wasser tut gut, isometrische Übungen tun gut, Balance-Übungen tun gut,...)? Gibt es Therapieansätze, von denen ich gehört und gelesen habe, und die ich gerne ausprobieren würde? Ich habe anfangs eine Zeit lang für mich dokumentiert, was ich gemacht habe und wie es mir gesundheitlich ging, und so begonnen, Muster und z.B. Frühwarnsignale zu erkennen.
Eine Reha ist natürlich ein ganz anderes, künstliches Umfeld. Gehen auf unebenen Untergründen, mit Gefälle, um Kurven und Ecken herum, wiederholtes Aufstehen, die Orientierung in volleren Räumen, wenn man sich nicht mehr schnell umdrehen kann - das ist schon anders und braucht zusätzliche "Rechenleistung" vom Hirn und Anstrengung für den Körper. Das braucht einfach auch Zeit, bis das Hirn und der Körper da Kompensationsmechanismen entwickeln kann.
Ich denke, ein ganz wichtiges Lernziel ist, die eigenen neuen Grenzen kennenzulernen und zu beachten. Gerade, wenn man von früher noch im Kopf hat, dass Zähne zusammenbeissen und Training die Wege zum Erfolg sind, ist das nicht einfach. Wenn dann im Umfeld noch eine Erwartungshaltung da ist (durch die Prognose der Ärzte, Ansporn der Therapeuten, vielleicht auch durch ermutigend gemeinte Aussagen von Familie und Freunden, dass das doch bestimmt besser wird, die Therapien doch bestimmt noch weitere Erfolge zeigen werden, man es doch versuchen solle...), dann fällt das teilweise gar nicht leicht (sage ich aus eigener Erfahrung). Es ist schwer genug, sich selber die Erlaubnis zu geben, langsam zu machen und nicht über die eigenen Grenzen zu gehen. Ich finde es wichtig, das zu ermutigen. Die eigenen Grenzen zu kennen und zu beachten ist ein Weg, wieder Autonomie und ein Gefühl der Kontrolle über den eigenen Körper zurückzugewinnen, ein Gefühl der Selbstwirksamkeit. Und das finde ich fürs psychische Gleichgewicht wirklich wichtig - und ebenso für die körperliche Gesundheit. Wenn Dein Mann so über seine Grenzen geht, dass er stürzt, ist damit ja niemandem geholfen...
Kann er denn sagen, warum er stürzt? Sind es Gleichgewichtsprobleme, bricht die Kontrolle über die Muskeln plötzlich weg, oder ist es Erschöpfung?
Liebe Grüße,
odyssita
- vor über einem Monat
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- # 1 7
Ein grosses Problem ist, dass er kein Gleichgewicht hat. Der Arzt meinte, dass man dies nicht wirklich Trainieren kann und es schwierig ist, dass das Gleichgewicht wieder hergestellt wird. Auch weiss er nicht wo seine Beine (vor allem das rechte) ist. Auch das ist laut Arzt schwierig wieder herzustellen. Wenn er sich ablenken lässt (Leute die vorbei laufen, oder auch Gegenstände auf dem Boden u.ä.) verliert er das Gleichgewicht. Dazu kommt einfach auch diese unheimliche Müdigkeit. Ich glaube jeder Sturz hat damit zusammengehangen, die Müdigkeit und dann das Gleichgewicht... Ausserdem ist dies Treppe (wo er so ziemlich immer umfällt) einfach ganz doof dort hat es keinen Handlauf. Kommt wohl alles zusammen.
- vor über einem Monat
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- # 1 8
ich kann mir vorstellen, wie schwierig das ist. Und ja, "Wille und Hoffnung" - das ist ja eigentlich wirklich etwas Gutes. Aber man kann sich damit auch ganz schön unter Druck setzen und sich übernehmen. Und man begegnet auch immer wieder Menschen, die eine realistische Sichtweise und ein Beachten der Grenzen des Körpers mit dem Verlust von Wille und Hoffnung verwechseln (mit dem Subtitel: Wenn Du den Willen und die Hoffnung nicht verlierst, dann wird das bestimmt wieder gut. Wenn es nicht wieder gut wird, bist Du selber schuld). In solchen Situationen kann man sich ziemlich leicht missverstanden und unter Druck gesetzt fühlen, und dann fällt es um so schwerer, langsam zu machen. Denn wer will schon gerne das Gefühl vermittelt bekommen, er würde aufgeben?
Was sagen die Ärzte und Therapeuten denn - zu den Stürzen, zu den Schmerzen? Wird er da eher ermutigt, mehr zu machen, oder eher ermutigt, sich nicht zu übernehmen? Ich kenne mich jetzt selber nicht damit aus, ob es ein Zeitfenster gibt, in dem Training als besonders wichtig angesehen wird - wäre interessant, zu hören, wie andere im Forum das erlebt haben oder ob jemand etwas dazu weiss.
Vielleicht hat hier im Forum auch noch jemand Tipps, was helfen kann, das Gleichgewicht zu trainieren?
Fehlt ihm denn die Propriozeption (also die Information ins Hirn, wie die Gelenke zueinander stehen etc.), oder fehlt ihm auch die Sensibilität der Haut?
Es kann sein, dass ich mich wiederhole (ich sehe beim Schreiben leider nicht meine alten Beiträge) - ich habe mal den Tipp bekommen, dass Kompressionskleidung und Bewegungsbad auch deswegen hilfreich sein kann, weil man dabei über die Haut Rückmeldung bekommt und das Hirn lernen kann, diese Information anstelle der gestörten Propriozeption zu verwenden. Das braucht natürlich auch Zeit, aber für mich war das hilfreich.
Mich an mein "neues Gleichgewicht" zu gewöhnen, hat bei mir auch einige Zeit gebraucht. Aber inzwischen hat mein Hirn gelernt, mit den neuen Bedingungen klar zu kommen. Circa im ersten halben Jahr war mir aber schon ziemlich schwindelig, und ich hatte oft das Gefühl, mich wie auf einem dicken Watteboden zu bewegen und wusste auch nicht so recht, wo meine Füße sind. Das mit dem Schwindel könnte bei mir aber auch andere Ursachen gehabt haben (bei mir liegt das Problem ja höher).
Bei mir ist es so, dass ich Kopfbewegungen größtenteils vermeiden muss. Das war anfangs auch ein größerer Umlernprozess für mich - früher habe ich gerne beim Gehen herumgeschaut. Das geht inzwischen nicht mehr. Wenn beim Gehen jemand sagt: "Schau mal, dort links", dann muss ich anhalten, mich drehen, und dann kann ich erst schauen. Es kann sein, dass ich an Menschen, die ich kenne, in zwei Metern Entfernung vorbeigehe, weil ich mich auf meine Füße konzentriere - und ganz überrascht bin, wenn mich jemand anspricht. Es war anfangs sehr ungewohnt, beim Gehen so wenig von der Welt um mich herum mitzukriegen, und das war schon ein Gefühl des Verlusts. Aber ich habe mich daran gewöhnt und mache inzwischen über meine "Scheuklappen" Scherze. Anstrengend sind nach wie vor z.B. Supermärkte, in denen ich mich nicht auskenne. Interessanterweise laufe ich auf Wiese oder Waldboden fast besser als auf Asphalt - ich vermute, da kommt durch den unebenen Untergrund mehr Rückmeldung im Hirn an.
Treppe ohne Handlauf - ui. Dein Mann ist wohl ziemlich furchtlos?!? Das wäre für mich am Anfang gar nichts gewesen.
Ich glaube, in Sachen Müdigkeit hattest Du geschrieben, dass ein Schlaflabor geplant ist, habe ich das richtig im Kopf? Sicherlich eines mit neurologischer Beteiligung, oder?
Einen lieben Gruß,
odyssita
- vor über einem Monat
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- # 1 9
Nun hört es sich so an, als ob diese Wahrnehmung bereits eine Zeit lang besteht. In diesem Zusammenhang ist es nun wichtig zu schauen, ob und wie sich die Muskeln und die Muskelkraft im Zusammenhang mit der inkomletten Lähmung erholen und welche Intensität der Belastung für die aktuelle Situation sinnvoll ist. Auch wäre es wichtig zu schauen, wie das ja eher als unangenehm beschriebene Gefühl beeinflusst werden kann (z.B. Wärme, Bewegung, Entspannung, etc), damit es auf die Dauer zu einer angenehmen Wahrnehmung wird. Solange sich die Muskelkraft nicht verschechtert ist es zumindest nicht als gefährlich einzuschätzen.
- vor über einem Monat
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- # 1 10
- vor über einem Monat
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- # 1 11
nur zur Einordnung der letzten beiden Beiträge von ANKS: Es handelt sich um eine erfahrene Ärztin des Schweizer Paraplegiker-Zentrums in Nottwil. Falls Ihr noch Rückfragen hat, beantwortet sie ANKS sicher gerne.
Liebe Grüsse
Johannes
- vor über einem Monat
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- # 1 12
Heute war mein Mann schwimmen und sagte, dass er so die Beine spürt. Mal schauen, ob er hin und wieder auch nach der Heimkehr schwimmen gehen kann. Er kommt am Donnerstag nach Hause und dann beginnt das Eingewöhnen zu Hause.
- vor über einem Monat
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- # 1 13
auch von meiner Seite herzlichen Dank für die Antwort! Auch mir tut es gut, eine fachlich fundierte Einschätzung zu hören, und es freut mich zu hören, dass meine Ansätze von den "offiziellen" nicht so weit entfernt sind.
Für mich wäre interessant, ob (und wie) es möglich ist, das diagnostisch zu objektivieren, und ob es für dieses veränderte Empfinden bzw. diese "anderen" Muskelschmerzen einen Fachbegriff gibt. Aber da spricht auch eher die Neugierde aus mir - wenn die Zeit knapp ist, dann können diese Fragen auch gerne offen bleiben.
Viele Grüße,
odyssita
- vor über einem Monat
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- # 1 14
das freut mich, dass das Schwimmbad gut getan hat. Vielleicht ist das auch für Deinen Mann interessant: Ich habe irgendwann festgestellt, dass für mich Schorcheln sehr gut ist - das ist eine gute Übung für die Beine, die Wirbelsäule ist dabei (im Gegensatz zum Schwimmen, was nicht mehr recht geht) in einer entspannten Position, und danach habe ich tatsächlich diese Beinschmerzen weniger und kann auch etwas besser gehen. Schnorchelurlaub ist für mich die beste Therapie...
Dann ist er heute nach Hause gekommen? Ich wünsche Euch ein gutes Einleben und drücke die Daumen, dass alles gut klappt!
Liebe Grüße,
odyssita
- vor über einem Monat
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- # 1 15
- vor über einem Monat
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- # 1 16
ganz herzlichen Dank für die Antwort. Ich finde es sehr spannend, was sich in der Forschung bewegt, und generell was als offene Fragen erkannt wird und welche Fragestellungen in der Forschung angegangen werden. Vielleicht bekommen wir es ja hier in der Community, z.B. in einem Blogbeitrag, mit, wenn es neue Erkenntnisse gibt? Das fände ich super.
Sehr spannend fand ich auch, dass Veränderungen des autonomen Nervensystems direkt im Muskel eine Rolle spielen könnten. Davon höre ich zum ersten Mal. Gibt es ggf. einen Link zu einem Abstract/einer Publikation, die sich mit diesem Thema beschäftigt?
Ich habe jetzt in Rücksprache mit meinen Ärzten beschlossen, einmal zu testen, wie die Schmerzen in den Beinen auf medizinischen Hanf ansprechen. Vielleicht kann ich damit Schmerzen, Muskelverspannungen und Einschlafstörungen mit einer Klappe schlagen...
Viele Grüße und DANKE,
odyssita
- vor über einem Monat
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- # 1 17
Seit etwas mehr als einem Monat ist die Reha nun beendet und wir haben uns langsam in den Alltag gewöhnt. Bezüglich der Schmerzen ist es leider überhaupt nicht besser geworden. Wenn er sitzt, hat er keine Schmerzen, doch sobald er auch nur ein bisschen die Beine bewegt, sind die Schmerzen wieder da. Das beansprucht ihn ganz schön und drück natürlich auch auf die Moral. Ich massiere ihm täglich die Beine, was ihm gut tut, aber die Situation nicht verbessert. In der Reha ist er mit Gehstöcken gelaufen, das hat auch recht gut geklappt. Mit diesen kann er relativ gut kurze Strecken gehen. Doch weil er sich so stark auf die Stöcke abstützt, hat er nun "Sehnenscheidenentzüdungen" an den Ellbögen und Schmerzen in der Schulter. Eigentlich läuft er nun immer "ohne alles", doch die Schmerzen sind immer noch da (wenn er halt im Rollstuhl unterwegs ist, belastet er die Gelenke ja auch...).
- vor über einem Monat
- Rehabilitation & Therapie
- # 1 18
lieben Dank für Dein Update.
Ich würde Euch wünschen, dass Ihr noch ein paar Tipps und hilfreiche Ideen bekommen könnt. Ich weiss zum Beispiel nicht, wie der Zugang zu Rollstühlen mit Zusatzantrieb geregelt ist?
Folgeschäden sind natürlich gar nicht gut. Ob es möglich wäre, da mit Bandagen/Orthesen oder anderen Hilfsmitteln etwas zu unterstützen? Bei EDS ist so etwas zum Beispiel recht üblich. Oder ein anderer Typ von Gehstock vielleicht, der die Gelenke weniger belastet? Ich habe z.B. kürzlich ein Modell mit einem Gelenk gesehen, so dass man sich während der gesamten Gehbewegung mit dem ganzen Unterarm abstützen kann. Für mich sah das gelenkschonender aus als normale Stöcke. Ob das helfen könnte, weiss ich natürlich nicht - vielleicht hat hier aus dem Forum noch jemand Tipps und Ideen?
Habt Ihr denn jemanden, der in Sachen Hilfsmittel fit ist und Euch da beraten kann?
Ich kann mir vorstellen, dass das auch ein ziemlicher Balanceakt ist, der Zeit braucht: Herauszufinden, wieviel Anstrengung er sich zumuten kann, ohne solche negativen Konsequenzen zu haben, und (mit Hilfsmitteln und dem Kennenlernen der neuen Grenzen des Körpers) da einen Weg zu finden, mit dem es möglichst gut geht.
Ich drücke Euch die Daumen!
Liebe Grüße,
odyssita
- vor über einem Monat
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- # 1 19
Hallo Mondschrein,
nun ist ja schon eine Menge über die Gehprobleme Deines Mannes geschrieben worden, und will eigentlich nur noch deshalb antworten, weil ich so ziemlich die gleichen Probleme habe wie die von Dir beschriebenen.
Ich bin auch in Höhe TH 6 betroffen inkomplett und kann auch laufen. Anfangs kurz nach dem Unfall ging es innerhalb der ersten 6-12 Monate fantastisch gut (fast 2 Stunden am Stück über Stock und Stein), dann kontinuierlich schlechter. Heute laufe ich jeden Tag etwa 30 min und bin danach richtig fertig, erschöpft - aber glücklich.
Meine Beine wurden über die Jahre immer härter und schwerer, vor allem aber in den Knien immer steifer. Seitens der Neurologen wollte man mir eine Spastik einreden und mich mit Baclophen behandeln, aber davor haben mich erfahrene Orthopäden gewarnt, und so habe ich es bleiben lassen.
Die Erfahrungen Deines Mannes beim schwimmen mache ich auch ständig, man spürt alles sehr intensiv in den Muskeln der Beine, des Beckens und Rückens. Schwimmen ist jedenfalls sehr hilfreich, wenn auch mühsam (Umziehen, Duschen, auf nassen Fliesen gehen usw. usw.), aber ich lasse keine Gelegenheit aus, ins warme Wasser zu kommen und kann mittlerweile auch fast schon eine halbe Stunde lang schwimmend über Wasser bleiben.
Sicher wird Dein Mann auch unter einer Fehlhaltung leiden, die sich vor allem am Becken auswirken wird. Wenn Ihr hierzu einen guten Orthopäden oder Osteopathen in Eurer Nähe findet, solltet Ihr Euch zur Mobilisierung des Beckens Rat einholen. Wenn bei mir das Becken nach langem Sitzen oder Liegen blockiert ist, geht bez. laufen überhaupt nichts mehr und wenn, dann nur sehr mühsam.
Deshalb ist ständiges Beckentraining - zumindest bei mir - unbedingt angesagt.
Gottlob habe ich so gut wie keine Schmerzen (außer den vor kurzem beschriebenen Sitzschmerzen, die aber eigentlich harmlos sind und nur ein wenig nerven). Aber mein schwaches rechtes Knie wackelt zunehmend wie ein Lämmerschwanz, und alles Training vor allem der vorderen Oberschenkel-Muskeln bringt nichts.
Deshalb befolge ich den Rat von Hutsch und Odyssita und besorge mich allernächst eine Orthese.
Dann wird alles wieder guuuut.
Gleiches wünsche ich Euch,
Salieri
- vor über einem Monat
- Rehabilitation & Therapie
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