Hallo Lieber Doktor
Ich bin auf einen interessanten Artikel gestossen, nämlich über eine Schliessmuskelprothese. Leider sagt er nichts aus darüber, ob für Paraplegiker, die eine neurogene Blasenstörung haben, nicht auch so eine Prothese in Frage käme.
Würden Sie uns aufklären, ob es möglich ist oder nicht, und falls nicht, wieso?
Danke für eine Rückmeldung.
Herzlich
Franz
Guten Morgen, Franz,
das System wir in unserer Klinik seit vielen Jahren implantiert. Das Verfahren gibt es schon lange, und es hat sich bewährt. Es gibt bei Personen mit Rückenmarkverletzung jedoch Besonderheiten, daher bitte bei einem Zentrum vorstellen, das über Erfahrungen bei dieser Gruppe verfügt. Sogenannte Inkontinenzzentren behandeln mit diesem System ein ganz anderes Klientel als diejenigen Zentren, die auf die Behandlung von Personen mit Querschnittlähmung spezialisiert sind.
Alles Gute, Dr. HAM
Hallo lieber Doktor HAM
Bitte entschuldige meine Verspätung, ich habe im Moment viel um die Ohren.
Ich möchte gerne nachfragen, aber dazu warte ich erst den schon fixierten Gesprächstermin über diese Prothese ab.
Vorab aber wäre ich froh, wenn du mir erklären könntest, wieso es konkret so wichtig ist, dies in einem Paraplegiezentrum machen zu lassen? Was spricht dafür, was dagegen? Zumal sie dort, wo ich behandelt werde, auch Patienten mit QS behandeln.
Herzlich
Franz
Bei Männern, die z. B. nach einer Prostataoperation inkontinent sind, wird dieses System im Bereich des Penisschafts oder der Peniswurzel implantiert. Wenn aber z. B. eine überaktive oder spastische Blase vorliegt, dann "arbeitet" diese Blase gegen das verschlossene System. Und das kann zu Blasenschäden, zu einem Urin-Rückfluss in die Harnleiter bis in die Nieren, und bei einem bakteriell besiedelten Urin dann auch zur Nierenentzündung bis hin zur Urosepsis (Blutvergiftung, ausgehend von einer Nierenentzündung) führen. Deshalb ist es bei Menschen mit Querschnittlähmung eminent wichtig, dass Neuro-Urologen untersuchen, die Operationsindikation überprüfen und operieren. Bei Menschen mit Querschnittlähmung wird das System am Blasenhals eingebaut.
Übrigens: es handelt sich nicht um eine (Penis)Prothese. Das ist etwas ganz anderes und soll z. B. eine Erektion für das Anlegen eines Kondomurinals ermöglichen oder für den Geschlechtsverkehr helfen.
Schönes Wochenende, Dr. HAM
Hallo liebster Doktor HAM
Ganz ganz lieben herzlichen Dank für die Aufklärung, wegen der ich nun grossen Respekt (im Sinne von Vorsicht) vor dieser Technik habe.
Ich bin aber ein wenig verwirrt, und würde dich herzlich bitten um eine erneute Rückmeldung, denn ich hatte mich auch auf Pubmed auf die Suche gemacht nach mehr Infos über diese Art der Prothese im Kontext Querschnittlähmung und habe eine Studie gefunden, der zufolge das System auch für Querschnittgelähmte erfolgreich, zuverlässig, sicher und wertvoll ist. Hier der Link: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/18394784/. Die Verfasser dieser Studie sind Mitarbeiter des SPZ. Was könnte dagegen sprechen, dass das System auch bei mir funktioniert? Was sind Kontraindikationen für ein solches System?
Und du hattest geschrieben: "Wenn aber z. B. eine überaktive oder spastische Blase vorliegt, dann 'arbeitet' diese Blase gegen das verschlossene System." Gilt das nur für den Einbau des "Fussgänger-"Systems an Penisschaft oder -wurzel, oder ist es auch dann ein Problem, wenn das System am Blasenhals eingebaut ist? Denn ich habe eine spastische Blase und hätte die Studie so interpretiert, dass bei mir die Prothese am Blasenhals gut funktionieren sollte…
Abgesehen davon beruht meine Querschnittslähmung hauptsächlich auf meiner Hirnläsion, auch wenn es eine Nervenschädigung am Rücken gab – meinst du, es ist ein erheblicher Unterschied? Fakt ist, dass die Motorik komplett unterbrochen ist, Sensorik ist weitgehend gestört, dazu kommt die spastische Blase, und meine Pankreas-Dysfunktion wurde als Dysfunktion des autonomen Nervensystems wegen der Paraplegie eingestuft. Und noch zig andere Diagnosen.Danke dir von Herzen für deine Einschätzung und Expertise und vor allem für deine Zeit. Herzlich
Franz
Guten Morgen, Franz,
in dem Artikel ging es um einen modifizierten Typ des artifiziellen Schliessmuskels. Dieser Typ wird inzwischen nicht mehr hergestellt. Wenn die Querschnittlähmung hauptsächlich auf einer Hirnläsion beruht, ist die Situation sicher nochmal anders zu bewerten. Die vielen Fragen und Aspekte sollten in einer neuro-urologischen Sprechstunde erörtert werden. Eine solche gibt es z. B. am SPZ oder am Inselspital Bern. Für mich als Nicht-Urologe überschreitet die Beantwortung der Fragen meine Fachkompetenz.
Beste Grüsse, Dr. HAM
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