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Frag den Doktor

  1. odyssita Star
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  3. Sonntag, 01. November 2020

Liebes Community-Team,

ich bin eben auf diesen Tweet gestossen:

https://twitter.com/martinsteiger/status/1320285872345022464

Ich lebe selber nicht in der Schweiz, aber das Thema ist ja für viele Länder relevant.

Meine Frage ist:

Was bedeutet das für uns, die wir mit Querschnittlähmung leben? Wie wird das hinsichtlich "schwerer und irreversibler zentral-neurologischer Beeinträchtigung" gewertet (hängt diese Bewertung am einzelnen Arzt)? Ist die DMGP an diesen Entscheidungen beteiligt, wird sie dazu gehört, gibt sie Input, inhaltlich und zu Formulierungen?

Wie ist sichergestellt, dass Entscheidungen über unser Leben nicht von Ableismus geprägt sind? In den USA gab es dieses Jahr einen Fall, dass einem Tetraplegiker, Familienvater, lebenserhaltende Behandlung verwehrt wurde, gegen seinen und den Willen seiner Familie - mit dem Argument, seine Lebensqualität sei nicht gegeben.

Ich denke, es ist sehr wichtig, dass diese Dinge im Auge behalten werden. Ich würde mich freuen, zu hören, was die DMGP in dieser Hinsicht in den deutschsprachigen Ländern macht.

Als Nebenbemerkung: Ich denke, es ist nicht nur für mich extrem schmerzhaft, zu sehen, wie das Leben von Menschen mit chronischen Erkrankungen, Behinderungen oder Menschen im höheren Alter abgewertet wird - wie sich das im Handeln der Gesellschaft und Politik widerspiegelt. Ich würde mir dafür mehr Aufmerksamkeit in der Forschung und Berichterstattung wünschen.

Viele Grüße,

odyssita

cucusita Star
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Liebes Community-Team

Dieses Thema ist auch in der Schweiz omnipäsent. Meine neuesten Informationen lauten: Es ist nicht das Alter, das zählt, ob man Anrecht auf einen Intensiv-Pflegeplatz bekommt, sondern die Gebrechlichkeit, Vulnerabilität oder auch die Einschätzung, ob ein Patient noch selbstständig für sich sorgen kann. Ich möchte nicht in der Ethikkommission stecken, die über die Triage entscheidet. 

Im Moment liegt das Problem nicht an fehlenden Intensiv-Pflegebetten, sondern am Mangel an speziell ausgebildetem Pflegepersonal für diese äusserst aufwendige Pflege. 

Liebe Grüsse von

cucusita

  1. vor über einem Monat
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  3. # 1 21
odyssita Star
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Hallo Dr. JEAN,

lieben Dank für die Antwort. Es ist gut und interessant, die Hintergründe zu hören. Ich habe erst kürzlich auch einmal hier in Deutschland geschaut und war erschrocken, dass trotz aller Proteste die Empfehlungen vom Frühjahr weiterhin bestehen geblieben sind.

Leider ist meine Erfahrung, dass alles, was Auslegungssache ist, unterschiedlich ausgelegt werden wird. Und wie wird das bei zervikalen Lähmungen gehandhabt werden? Ich denke, dass es wirklich wichtig ist, dass das klar geregelt ist.

Und nicht jeder Betroffene hat Kontakte zur DGMP oder SSOP oder Fürsprecher, die für ihn tätig werden könnten. Zugangswege sind so wichtig! Ich für meinen Teil habe bislang keinen Zugang zu einem Zentrum für Paraplegie - inkomplette krankheitsbedingte Lähmung, da ist der Zugang nicht so einfach.

Dass Akut-Betten geschaffen werden, ist gut und wichtig; danke für das Engagement!

Patienten in der postakuten Phase - da würden mich die Erfahrungen sehr interessieren. Ich bin im Bereich CFS/ME ein bisschen vernetzt, weil es da auch zu EDS und interessanterweise ggf. auch zu kraniozervikalen Instabilitäten einen Overlap gibt, und somit verfolge ich das Thema LongCovid auch mit großem Interesse mit. Da ist die Rehabilitation sicherlich nicht einfach und sieht sicherlich auch anders aus als sonst, grade, wenn die Gefahr von post-exertational malaise bzw. CFS/ME mit im Raum steht?

Liebe Grüße,

odyssita

  1. vor über einem Monat
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  3. # 1 22
Dr. JEAN
Dr. Online
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Liebe Odyssita,

ja die Formulierung "Irreversible Schäden des ZNS" umfasst formal auch Querschnittlähmungen als Ausschlussgrund bei Triage-Situationen. Die DMGP und SSOP, ihr Schweizer Gegenstück, waren natürlich NICHT involviert oder gar einverstanden damit. Wir haben protestiert damals im März, als die SAMW das Dokument verfasste. Es wurde argumentiert von ihrer Seite, dass damit schwer Hinrverletzte gemeint sind und nicht ein kerngesunder Paraplegiker mit Familie. Leider hatten wir danach sehr viel zu tun, und es gab auch keine Paraplegiker, die IPS-pflichtig wurden, deshalb haben wir das Thema nicht weiterverfolgt. 

Ich glaube auch nicht, dass das in dieser 2. Welle so passieren wird. Und wenn doch, würden wir schnell davon hören und können intervenieren.

Wir haben zur Zeit nur COVID-19 Patienten in der postakuten Phase bei uns zum Entwöhnen von der Beatmung und Rehabilitation. Wir sind aber daran, auch Akut-IPS-Betten zu schaffen, und dann ist das Problem definitiv gelöst.

Ich kann nur alle bitten, uns unverzüglich zu verständigen, wenn einem sonst gesunden Querschnittgelähmten die Behandlung verweigert wird. Für Querschnittgelähmte müssen die gleichen Regeln gelten wie für Fussgänger.

herzliche Grüsse

Dr. JEAN

  1. vor über einem Monat
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  3. # 1 23
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