Lieber Francesco,
Du stellst hier 2 verschiedene Laborwerte vor, die im Stuhl bestimmt werden. Du sagst wenig über die Gründe, weshalb diese bestimmt wurden und über Deine Beschwerden. Bei Laborwerten ist das sehr wichtig, wie ich später erklären werde. Ebenso gibt es verschiedene Messeinheiten, so dass niemals nur die Zahl, sondern auch die Einheit angegeben werden muss (zum Beispiel Pancreaselastase von 215 ug/g).
Um Missverständnisse zu vermeiden, werde ich im folgenden Text immer die Messeinheit angeben. Falls auf Deinem Laborbefund andere Einheiten verwendet werden, melde Dich bitte hier, damit wir das umrechnen können. Da wenig über Deine Beschwerden bekannt ist, werde ich allgemein über diese Laborwerte und die damit verbundenen Beschwerden reden. Diese Beschwerden können, müssen aber nicht bei Dir auftreten. Ein Laborwert ist niemals eine Krankheit. Alle Laborwerte, die wir messen, haben einen sogenannten Referenzbereich: Das ist der Bereich, der bei 95% der gesunden Normalbevölkerung gemessen wird. Wenn ein Wert ausserhalb des Referenzbereichs liegt, stellen wir oft , ZUSAMMEN MIT DEN KLINISCHEN BESCHWERDEN, eine Diagnose. Ein Laborwert ausserhalb des Referenzbereichs findet man jedoch auch bei 5% der Normalbevölkerung.
Nun zu den beiden Laboruntersuchungen.
Die Pancreaselastase ist ein Enzym, das von der Bauchspeicheldrüse in den Darm abgegeben wird. Dort hilft es beim Verdauen von Eiweiss. Es gibt Menschen, die haben eine chronische Entzündung der Bauchspeicheldrüse und deshalb weniger Enzym.Die Ursachen sind vielfältig: Genetisch bedingt, Umweltgifte, Immunerkrankungen, Alkohol.
Wenn die Bauchspeicheldrüse ausfällt, fehlen nicht nur die Elastase, sondern auch die anderen Enzyme,, vor allem die Lipase. Diese hilft, Fett zu verdauen. Die Symptome des Patienten sind damit erklärbar: Fettige, übelriechende Stühle, Uebelkeit, Blähungen und gürtelförmige Bauchschmerzen, die in den Rücken ausstrahlen. Diese treten vor allem nach Essen mit rotem Fleisch oder Innereien, fettigen Speisen wie Pommes Frites, Chips, Mayonnaise, Butter auf , aber auch nach Softdrinks und vor allem Alkohol. Kafee und Ingwer scheinen dagegen eher günstig zu sein für die Bauchspeicheldrüse.
Um die Produktionsleistung der Bauchspeicheldrüse zu messen, wird oft die Elastase bestimmt. Wie Du aus beiliegender Grafik sehen kannst, findet man in der Normalbevölkerung in der Hälfte der Personen Werte um 480 ug/g. Die Werte streuen jedoch stark. Patienten mit chronischer Pankreatitis haben oft Werte um 200 ug/g, jedoch haben einige auch Werte um 1800 (!!) ug/g.
Deine Werte sprechen insgesamt für eine ungenügende Funktion der Bauchspeicheldrüse, beweisen diese aber nicht. Zusammen mit passenden Symptomen kann eine Behandlung mit Pankreasenzymen und vor allem eine Diät helfen. Dabei kannst Du durchaus auf Deinen Körper hören, da die Bauchspeicheldrüse Dir ziemlich schell (manchmal in 30 oder weniger Minuten) sagt, wenn ihr etwas nicht passt.
Ob Dein Laborwert von den von Dir eingenommenen Pankreasenzymen (Creon) beeinflusst wird, hängt vom Testverfahren ab, das kann Dir nur das Labor sagen.
Der zweite Wert ist das Calprotectin. Das ist ein Eiweiss, dass von bestimmten weissen Blutzellen gebildet wird, Diese wehren damit vor allem Bakterien ab, indem sie damit Zink und Kalzium binden und so den Bakterien vorenthalten. Calprotectin ist ein Entzündungswert. Es kann im Blut gemessen werden, wo es vor allem bei bakteriellen Infekten erhöht ist. Oder im Stuhl, wo es beweist, dass die Darmschleimhaut entzündet ist. Im Stuhlgang ist es erhöht bei autoimmuner Entzündung wie Colitis ulcerosa, bei bakteriellen oder viralen Darminfekten oder banalen Lebensmittelvergiftungen. Auch viele Medikamente könne zu einer Erhöhung führen. Vor allem Entzündungshemmer (paradox eigentlich!) wie Voltaren , Ponstan oder Brufen und auch der von Dir eingenommene Säureblocker.
Dieser test dient vor allem dazu, Patienten mit funktionellen Darmbeschwerden ( 80% der Patienten mit chronischen Bauchschmerzen) von denen zu unterscheiden, wo eine Entzündung der Darmschleimhaut vorliegt. Wie Du siehst, gelten Werte über 150 ug/g als Grenzwert. Wenn dieser überschritten wird, empfiehlt sich eine Kolonoskopie, WENN ENTSPRECHENDE BESCHWERDEN VORLIEGEN.
Zur Frage, ob Dein Wert von 426ug/g hoch oder tief ist: Werte unter 50 ug/g sind normal beim Erwachsenen. Bei Screeninguntersuchungen von Gesunden gelten oft auch Werte bis 200 ug/g als normal. Bei Werten über 500 ug/g findet man fast immer eine Entzündung in der Kolonoskopie. (Bjarnason I. The Use of Fecal Calprotectin in Inflammatory Bowel Disease. Gastroenterol Hepatol (N Y). 2017;13(1):53-56.) . Bei Patienten mit einer Colitis Ulcerosa, die operiert werden müssen, findet man zum beispiel Werte um 1900 ug/g oder mehr (Smith LA, Gaya DR. Utility of faecal calprotectin analysis in adult inflammatory bowel disease. World J Gastroenterol. 2012;18(46):6782-6789. doi:10.3748/wjg.v18.i46.6782)
Dein Wert ist also schon hinweisend auf eine Entzündung im Darmbereich, aber eher nicht eine schwere Entzündung. Was die Ursache ist (chronische Darmentzündung?, Medikamente?) kann ich nicht sagen. Ebenso nicht, ob eine Kolonoskopie sinnvoll ist. Das solltest Du mit Deinem Gastroenterologen besprechen.
Beide Laborwerte werden meines Wissens nicht beeinflusst durch eine Querschnittlähmung. Das zenrtale Nervensystem und die Bakterienflora des Darms beeinflussen sich gegenseitig, und Querrschnittlähmung verändert nachweislich die Bakterienflora. Aber dass Querschnittlähmung deshalb zu erhöhten Calprotectinwerten führen kann, glaube ich nicht. Studien dazu gibt es keine.
Ich hoffe, mit meinen Erklärungen etwas weiter geholfen zu haben und vor allem hoffe ich, dass Du jetzt verstehst, dass ein Laborwert niemals eine Krankheit ist.
herzliche Grüsse und alles Gute für Deine Gesundheit
Dein Dr.JEAN