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- 06. Januar 2017
- fritz.vischer_old
Zumindest theoretisch erlauben es uns die Vorsorge- und Versicherungssysteme, nach der Pensionierung oder im Unglücksfalle so zu leben wie früher die adligen Gutsherren. Das Geld fliesst wie von selbst jeden Monat zu, und im Übrigen lassen wir für uns arbeiten. Wir selbst überwachen lediglich, was andere für uns tun.
Theoretisch ist das, weil das ausgespannte Sicherheitsnetz dieser Systeme löchrig ist. Manche fallen durch, andern fliesst weniger Geld zu als ursprünglich angedacht. Trotzdem sind auch bescheidene Leistungen besser als gar nichts, zumal es auch Verbesserungen gibt. So etwa die Assistenzbeiträge, die seit dem 1. Januar 2012 gesetzlich verankert sind. Zuvor waren in einem Pilotversuch seit 2005 Erfahrungen gesammelt worden.
Wer Anspruch auf eine Hilflosenentschädigung (Hilo) hat, kann auch Assistenzdienste beanspruchen, welche die Eidgenössische Invalidenversicherung (IV) bezahlt. Hinter dieser Erweiterung der gesetzlichen Bestimmungen zur Hilo steht ein bedeutsamer Sinneswandel, nämlich der Übergang von der sogenannten Objekt- zur Subjektfinanzierung. Subjekte sind wir selbst, wir
Wir müssen aber daran denken, den Anspruch auf Assistenzbeiträge noch vor Erreichen des Pensionierungsalters geltend zu machen. Das gewährte, individuell ermessene Budget gilt dann lebenslänglich. Eine Erhöhung wegen erst im Alter auftretender zusätzlicher Beeinträchtigungen ist nicht drin. Mit den Personen, die uns helfen, müssen wir Arbeitsverträge abschliessen, ihnen Lohn zahlen und AHV-Beiträge abführen. Angehörige dürfen es aber nicht sein, auch Firmen können wir nicht anstellen.
Die Assistenzbeiträge unterstellen, dass wir ein «selbstbestimmtes Leben in Eigenverantwortung» führen wollen. Das bedeutet, wir sind Personalchef, müssen alle nötigen Weisungen erteilen, haushälterisch mit dem verfügbaren Geld umgehen und sauber abrechnen – wie früher der Gutsherr. Nicht alle wollen das, manche können es auch nicht. Der grosse Fortschritt, den die Subjektfinanzierung mit den Assistenzbeiträgen, mit sich bringt, ist die Wahlfreiheit. Wir und nicht andere bestimmen, was wir wollen und können.
Heim und Eigenheim sind jetzt bis ins hohe Alter und selbst bei hohem Assistenzbedarf denkbare und gleichwertige Alternativen geworden. Jede Lösung hat ihre spezifischen Vor- und Nachteile. An uns liegt es, sie abzuwägen und zu entscheiden, wo uns das Glück näher ist.