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Gesellschaft

Schlechte Kleider – eine Qual!

Die Modeschöpfer schlafen. Seit Jahren gibt’s nur eng geschnittene Hosen. Für Paras und Tetras eignen sie sich nicht.

Die Modeschöpfer schlafen. Seit Jahren gibt’s nur eng geschnittene Hosen. Für Paras und Tetras eignen sie sich nicht.

Im Twist-Video unten erleben wir das ganze Spektrum von Kleidungen: von einengenden, an Korsette erinnernden über bequeme bis zu spärlichen, und wir erkennen: Je weniger hinderliche Kleider, desto besser tanzt es sich.

Die Entwerfer pfuschen

Gute Kleider sind funktional und schick zugleich. Vor allem Hosen erfüllen dies vielfach nicht. Oft sind sie so eng geschnitten, dass bei Frauen die Schamlippen durchdrücken, oder sie sind so verschnitten, dass sich ausgerechnet beim Venus-Dreieck peinliche Falten bilden. Männern fällt das schnell auf.

Männer ihrerseits tragen unter Umständen eine so schlecht entworfene Hose, dass sie auf Lendenhöhe einen Stoffwulst bildet. Dieser regt gleichermassen die Phantasie an. Die beobachtende Frau in ihrer hautengen Röhrenhose fragt sich, ob er einen Ständer hat. Hat er tatsächlich einen, mag’s recht sein. Wenn nicht, hat der Designer gepfuscht.

frau in hose mit schamfalten

Verschnitten oder erotisch? Ausgerechnet in der Schamzone bildet die Hose Falten.

Für Paras und Tetras sind schlechte Kleider eine Qual

Für uns Para- und Tetraplegiker sind solche vulgär eng gehaltenen Kleidungsstücke, namentlich Hosen, besonders unzweckmässig – ob wir uns selbst anziehen oder uns helfen lassen. Wir schlüpfen nur schwerlich rein, raus kommen wir noch schlechter. Die Hose haftet an den Beinen, als wäre sie ein Kondom; abrollen lässt sie sich freilich nicht.

Kurze Hosen befreien uns von dieser Mühsal. Aber nicht einmal im heissen Juli stelle ich meine spastischen, an den Knien operierten Beine öffentlich aus. Soll ich auf Röcke umschwenken? 

mann in engen jeans

Die Hose klebt an den Beinen wie Strümpfe – oder ein Kondom!

Einst konnte es nicht weit genug sein

Noch im kalten Frühjahr hatte ich gehofft, die Mode drehe sich endlich: Wieder hin zu Hosen, die oben schön sitzen und sich nach unten hin ausweiten. Schlaghosen brauchen’s ja nicht zu sein. Sie lagen in den sechziger und frühen siebziger Jahren voll im Trend. Elvis Presley und Jimmy Hendrix traten so eingekleidet auf und trugen dazu bei, dass sich diese Hose zum modischen Superknüller entwickelte.

Der bootcut ist weniger auffällig, dafür genau richtig bemessen: Die Hose verbreitert sich gegen das Rist so, dass sie über die Stiefel, die boots, ragt. Diese Funktionalität verleiht ihnen gleichzeitig die gewisse Eleganz, die zu engen Hosen abgeht.

frau in sehr weiten jeans

Ganz so weit müsste es für mich gar nicht sein. Hauptsache, ich komme gut rein und sie sitzt bequem.

Es bleibt eng

Meine Hoffnungen auf einen neuen Modetrend haben sich einmal mehr zerschlagen. Mehr als straight leg gibt’s für die Männer auch diese Saison nicht. Die Hosenbeine sind gerade geschnitten und liegen nicht eng an, im Gegensatz zu slim, die zum Fuss hin enger werden. Etwas weiter dürfen es heuer nur die Damen halten, allerdings nur mit leichten Stoffen, die sich für enge Schnitte gar nicht eignen.

Seit gefühlten zwanzig Jahren entwerfen die Designer eng. Dabei wäre es ihre Aufgabe, jeden Frühling und Herbst Trendiges zu erschaffen, das nicht schon in den Schränken hängt. Aus der Fülle an Möglichkeiten sollten sie «Mode schöpfen», wie es heisst. Doch es kommt immer das gleiche Untaugliche.

Zum Glück besitze ich noch sechs Paar Bootcut-Jeans aus früheren Zeiten. Mit mir werden sie immer älter und verblichener. Längst hätte ich sie ersetzt, wenn ich nur könnte.

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