Am Tageskurs von Para Know-how gab’s ein Buffet von Tipps
- 4 Minuten Lesezeit
- 28. November 2019
- fritz
Am Tageskurs von Para Know-how gab’s ein Buffet von Tipps
Wir werden resilienter, wenn wir’s so nehmen, wie es ist. Gegen Windmühlen zu kämpfen, verschleisst dagegen Energie und schwächt uns. Resilienter werden wir auch, wenn Kopf und Bauch im Einklang stehen. Allzu kopflastige Vorsätze ziehen wir meistens nicht durch.
Akademisch formuliert: Wir müssen mit unseren motivationalen Ressourcen und unseren emotionalen Ressourcen dasselbe Ziel verfolgen, um vergnüglich unterwegs zu sein. Dazu ein Beispiel: Nehmen wir uns vor, wieder mehr für unsere Fitness zu tun, so sind wir gut beraten, das mit einem Stimmungsbild zu verknüpfen. Das Triumphgefühl, als wir vor Jahren für eine tolle Leistung einen Preis erhielten, kann so ein Bild sein.
Unaufdringlich, aber einprägsam vermittelte uns Beatrix Schilling, Diplompsychologin und Resilienztrainerin, solche Ratschläge in einem didaktisch gut aufgebauten Tageskurs. Para Know-how veranstaltete ihn und wird ihn wohl wiederholen.
Zu zehnt waren wir: sieben Frauen, unter ihnen die Mutter eines frisch verunfallten Tetras, zwei Partnerinnen von Tetraplegikern und vier Betroffene. Zu den Männern zählte ich selbst, Oliver, ein inkompletter Para, und der Partner von Therese Kämpfer, der Organisatorin des Kurses. So bildeten wir ein buntes Grüppchen.
Mit unseren unterschiedlichen Erfahrungshintergründen tauschten wir uns gerne aus. Schliesslich sind wir Kursteilnehmer und auch alle anderen Menschen immer wieder herausgefordert. Je besser wir uns dem stellen können, desto resilienter sind wir. Das Klischee des Stehaufmännchens steht seit jeher für die Fähigkeit, sich auch in schwierigen Lebenslagen und trotz widriger Umstände immer wieder hochrappeln zu können.
Die Psychologie nennt diese Eigenschaft Resilienz. Der Begriff stammt aus der Physik und bezeichnet die Dehnbarkeit und Belastbarkeit eines Materials. Titan gilt als besonders resilient. Als exklusiven Werkstoff verwenden es deshalb auch Rollstuhlbauer.
Im Gegensatz zu Werkstoffen, deren Resilienz gegeben und immer gleich ist, können wir Menschen Resilienz trainieren, uns vom brüchigen Tannenästchen zum widerstandsfähigen Titanrohr verwandeln, das bis ins hohe Alter Erschütterungen standhält.
Die Mittel dazu servierte Beatrix Schilling an ihrem «Buffet». Es gab einen ausgewogenen Mix aus Theorie, Übungen und praktischen Ratschlägen. An diesem Buffet fanden wir unsere eigenen Ressourcen dargereicht. Vergleichbar mit den Gängen eines Festessens lassen sie sich in fünf Gruppen einteilen. Wie der Küchenmeister erklärte Beatrix, was sie beinhalten und wie wir sie zu unserem Wohl einsetzen können.
- So etwa die physiologischen Ressourcen. Dass wir sie mit Sport, gesunder Ernährung und ausgewogener Alltagsgestaltung trainieren können, ist allen bewusst.
- Schon weniger verbreitet ist die Einsicht, dass wir resilienter werden, wenn wir vorausschauend planen. Unsere Fähigkeit, uns auf denkbare Ereignisse vorzubereiten, ist eine typische kognitive Ressource. Sie hilft uns, in der Krise schneller Auswege zu finden.
- Das gelingt uns umso besser, wenn wir über ergiebige soziale Ressourcen verfügen, also Geschwister, Freunde, Partner. Hier gilt die Faustregel, dass jeder Mensch mindestens eine wichtige und vertrauenswürdige Bezugsperson hat, die ihn stützt und im schlimmsten Falle zu tragen vermag.
- Ein Ziel zu verfolgen, unserem Handeln Sinn zu verleihen – das treibt uns an und lässt uns durchhalten. Von den motivationalen Ressourcen ist in diesem Zusammenhang die Rede.
- Schliesslich ist uns allen bewusst, dass wir emotionale Ressourcen haben. Den Humor, die Zuversicht, den Lebensmut, aber auch eine gewisse Spiritualität sollten wir pflegen. Ebenso die Dankbarkeit. Verknüpfen wir sie mit anderen Ressourcen, ist sie eine gute Grundlage, um oben zu bleiben oder wieder hochzukommen.
Oliver ist ein Beispiel: Unendlich dankbar ist er, dass er wieder gehen kann, nachdem er vor einigen Monaten mit Lähmungen am ganzen Körper ins SPZ Nottwil eingeliefert worden ist. «Ich war ein Tetra», berichtet er. Nicht sichtbare Komplikationen sind aber verblieben. Natürlich hofft er, dass sie vergehen. Er weiss aber, dass er mit seinen Ressourcen, seinen Charakterstärken, auch den weniger günstigen Verlauf vorsehen muss. Er suhlt sich nicht im Unglück.
Anderen Wertschätzung entgegenzubringen, hilft unseren Mitmenschen und uns selbst. Wir tun das viel zu selten. Dabei braucht unsere verletzte Seele sechs Komplimente, um eine Geringschätzung oder eine Beleidigung aufzuwiegen. Zum Abschluss durfte sich deshalb jeder Teilnehmer während drei wohltuenden Minuten emotional duschen lassen. Wir würdigten uns gegenseitig. Wir konnten das, weil wir uns im Laufe des Tages näher gekommen waren.
Das nächste Resilienztraining findet 8. August 2020 von 10 bis 17 Uhr in Nottwil statt. Weitere Informationen könnt Ihr im Januar dem neuen Jahresprogramm von Para Know-how entnehmen, welches sich dann unter diesem Link findet.