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Gesellschaft

Unsere lieben Helfer

Ärzte, Therapeuten und Pflegende haben ihre Allüren. Manchmal ist’s zum Lachen, manchmal zum Heulen.

Ärzte, Therapeuten und Pflegende haben ihre Allüren. Manchmal ist’s zum Lachen, manchmal zum Heulen. 

Schulmeisterlich stellt der Assistenzarzt in der dermatologischen Poliklinik fest: «Die Cortisonsalbe benützen Sie also auch zur Pflege!» Er schüttelte den Kopf und befand, dass er mir unter diesen Umständen nur eine kleine Tube dieser Salbe verordne. Verärgert erwirkte ich in der Folge, dass ich als Tetraplegiker nur vom Chef behandelt werde.

Patient und Arzt verkehren auf Augenhöhe und partnerschaftlich.

Dieser Chef, Herr Professor, war feinfühlig und humorvoll. Die Salbe solle ich nicht wie Butter auftragen, sondern nur dort, wo sich das Ekzem ausbreitet, empfahl er und drückte mir eine grosse Tube in die Hand. Ich fasste Vertrauen in ihn und zeigte ihm noch eine hellbraun verfärbte Hautstelle am Sitzbein: «Diese Verfärbung kommt von Ihrem Lebensstil, wenn ich mich so ausdrücken darf». Beide lachten wir.

Den Hautausschlag brachte ich recht schnell weg. Die heikle Hautstelle gibt es Jahrzehnte später noch. Der bräunliche Ton hat sich mit den Jahren ins Rötliche verfärbt. Mal ist es grell, mal nur rosa. Echt bedrohlich ist die Stelle auch heute nicht, wie es der Leiter der Dermatologie angedeutet hatte.

In der Erstreha fand die Physiotherapeutin eines Tages: «Du hast Spasmen, du musst mehr Lioresal nehmen.» Darauf angesprochen, grinste mich der Oberarzt an: «Es ist nicht Ihre Aufgabe, den Physiotherapeuten mit Medikamenten die Arbeitsbedingungen zu erleichtern.»  

Manche Ärzte würden das Verhältnis zum Patienten am liebsten so sehen.

Solche Erlebnisse sind typisch in hierarchischen Strukturen, wie es Spitäler nun mal sind. Je weiter unten Mitarbeiter stehen, desto markiger und rechthaberischer treten manche von ihnen auf. Sie drohen auch gerne, damit der Patient weiss, was er zu tun hat. So meinte einer von ihnen mal, die überbelastete Stelle an meinem Sitzbein entwickle sich bald zum Dekubitus. Die Verfärbung zum Rötlichen hin belege das zweifelfrei. Um ein Unglück zu verhindern, sei es an mir, mein Leben umzugestalten.

Überlegene und weitblickende Mediziner, Pflegende und Therapeuten können sich dagegen gelassen und partnerschaftlich geben. Nicht immer, aber oft sind sie auch der Chef oder Gruppenleiter. In jedem Falle geniessen sie einen guten Ruf. Patienten erfassen ihre Ausstrahlung schnell.

Auch Spezialisten, die kaum über ihr Fachgebiet hinausblicken, sind verbreitet. So zum Beispiel der Urologe, der anregte, über den Anus könne meine Frau mit dem Finger die Blase so anregen, dass sie sich spontan entleert. «Ich glaube kaum, dass meine Frau das will», entgegnete ich und gab zu bedenken, dass dies den Darm ebenfalls reizen würde. Er bestätigte diesen Verdacht, betonte allerdings: «Es ist aber gesund für die Blase.» Ich kommentierte den Ratschlag nicht weiter.

In Spitälern sind die Strukturen recht hierarchisch.

Vielmehr dachte ich an die Podologin, die mir dringend empfahl, meine Füsse zweimal im Tag gründlich einzusalben. Ich schwieg dazu. Im Grunde muss ich gar nichts tun, nicht einmal die Socken wechseln, es sei denn, Umwelteinflüsse hätten sie verdreckt. Zu üblen Gerüchen kommt es nicht, denn dank der Tetraplegie bildet sich kein Fussschweiss mehr. Nur ein Problem bereiten mir meine Füsse noch immer: Trotz Tetraplegie wachsen ihre Zehennägel, wenn auch deutlich langsamer als vor dem Unfall. So muss ich gelegentlich die Dienste einer Podologin beanspruchen. Auf ihre Salbe könnte ich verzichten. Nur dem Ritual zuliebe lasse ich sie gewähren.

Sodann gibt es nicht wenige, die nach Ausflüchten suchen, um sich Probleme vom Hals zu halten. Mein Hausarzt gehört zu dieser Gruppe. Auf die meisten meiner Anliegen antwortet er: «Fragen Sie das die dort oben.» Gemeint sind die im SPZ Nottwil, 526 m ü. M. Mein Hausarzt und ich sind 220 Meter weiter unten, in Therwil (BL).

Noch 70 Meter weiter unten, in Basel, befand sich sein Vorgänger. Zu ihm ging ich nicht mehr, nachdem er versucht hatte, sein Unwissen hintergründig zu verbergen: «Wie können wir wissen, was nachts mit unserem Astralkörper geschieht?».

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