Für 2021 wünsche ich euch Gelassenheit und Leichtigkeit und möglichst wenig Sonderliches.
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- 04. Januar 2021
- fritz
Für 2021 wünsche ich euch Gelassenheit und Leichtigkeit und möglichst wenig Sonderliches.
Selbst zu den sonderlichen Corona-Zeiten, da solches verboten ist, erinnern wir uns solcher Szenen: Eine Gesellschaft von Menschen ist gemütlich vereint, unter ihnen ein Kleinkind. An ihm ergötzen sich alle, ob es weint, lacht oder Schabernack treibt. Es unterhält alle, beherrscht die Szene, ist im besten Sinne des Wortes der gutartige Sonderling.
Ihm steht der ärgerliche Sonderling gegenüber. Auch er dominiert die Gruppe, heischt ihre Aufmerksamkeit, aber er vermiest die Stimmung, statt sie aufzuhellen.
Ärgerliche und originelle Sonderlinge
Zwischen dem ärgerlichen und dem originellen Sonderling gibt es weitere Ausprägungen: den mühseligen Selbstdarsteller; den strahlenden Charismatiker; den notorischen Besserwisser; den schrulligen Einzelgänger; bis hin zum bedauernswerten Kranken.
Ihnen allen ist gemein, dass sie sich und ihre Befindlichkeit etwas zu wichtig nehmen. Ihre Mitmenschen betrachten sie als ihr Forum. Sie sollen ihnen zuhören, sie bewundern, sie unterstützen, allenfalls bedauern.
Beim herzergreifenden Kleinkind, beim führungsstarken Charismatiker und dem leidenden Kranken nehmen wir das gerne hin, in den anderen Fällen stösst uns die Einseitigkeit der Sonderlinge auf. Sie verlangen zu viel, die Beziehung zu ihnen ist unausgewogen.
Die sonderbare Rolle des Rollstuhls
In unseren Rollstühlen sind auch wir in der Rolle des Sonderlings. Der Rollstuhl fällt auf. Ungewollt geraten wir in den Mittelpunkt des Geschehens. Wo wir auf der Skala zwischen angenehm und verdriesslich schliesslich landen, hängt stark davon ab, wie viel Aufmerksamkeit der Rollstuhl einfordert. Er ist ein Störfaktor, im schlimmsten Fall ein Beziehungskiller, vergleichbar mit den Allüren der Sonderlinge.
Im Bewusstsein dessen neigen wir dazu, den Rollstuhl (und auch andere typische Hilfsmittel) herunterzuspielen. So meiden wir Elektrorollstühle, wenn’s irgendwie geht. Nach gängiger Auffassung sind diese Ungetüme denen vorbehalten, die sonst gar nicht mobil wären. Ganz verschwinden lassen können wir den Rollstuhl nie. Wir legen deshalb Wert darauf, dass er einigermassen schick, leichtlaufend und ja nicht zu gross ist.
Opfer können sich lohnen
Um unseren Rollstuhl und damit unsere Behinderung etwas zu kaschieren, verzichten wir unter Umständen auf Annehmlichkeiten. Wir tun das, um unseren Mitmenschen aufzuzeigen, dass wir mehr sind als nur Rollstuhlfahrer und Benützer von einschlägigen Hilfsmitteln. Wir hauchen ihnen und uns selbst ein, unser Leben sei weniger beschwerlich, als es scheinen mag.
Wir senden Leichtigkeit aus, um den Beziehungen zu unseren Mitmenschen gleichermassen Leichtigkeit zu verleihen. Zu beschwerlichen Sonderlingen wollen wir nicht verkommen. Wenn schon, sind wir witzige Sonderlinge!
Unsere Mitmenschen belohnen das, indem sie uns unverkrampfter begegnen. Im gelebten Alltag bedeutet das, dass sie uns nicht vorwiegend als Hilfsempfänger wahrnehmen und glauben, mit uns nur über Gebrechen, Sozialleistungen und rollstuhlgängige Architektur reden zu können.
Gelassenheit und Leichtigkeit zu vermitteln, setzt allerdings voraus, dass wir unser Leben gut organisieren und uns die nötige Energie vergönnt ist. Genau das wünsche ich euch allen in hohem Masse im Jahre 2021!