Liebe Odyssita, schön wieder von Dir zu hören.
Wie immer diskutierst Du wichtige Fragen zu diesem Thema. Nach der ersten Impfung bist Du ja vorläufig aus dem Gröbsten raus, die Schutzwirkung gegen die bisherigen Virus-Varianten sollte etwa 80% betragen für Erkrankung. Für schwere Erkrankung möglicherweise mehr. Damit hast Du schon mehr Schutz als jemand, der mit einem Vektorimpfstoff geimpft wurde (Johnson/ Johnson, Astra-Zeneca zB). Vektorimpfstoffe werden in der Schweiz nicht angewendet, auch weil sie in letzter Zeit in Verruf gekommen sind. Es wurden bei diesen Impfungen einige Fälle von Sinusvenenthrombose und Thrombopenie beobachtet, wahrscheinlich ausgelöst durch das eingesetzte Adenovirus. Obwohol dieses Risiko verschwindend klein ist im Vergleich zu einer COVID-Erkrankung und auch im Vergleich zur Thromboseneigung bei Einnahme der "Pille", bin ich doch froh, dass die Schweiz auf die gut verträglichen RNA-Impstoffe gesetzt hat.
Etwas zwiegespalten bin ich bei Deinem Wunsch nach einer Antikörperbestimmung. Sicher verstehe ich, dass Du wissen möchtest, ob Du eine Schutzwirkung hast oder nicht.
Nur ist es so, dass RNA-Viren sehr instabil sind und rasend schnell mutieren. In jedem Infizierten entstehen Mutationen, wahrscheinlich tausende davon. Die meisten davon sind nicht lebenstüchtig und gehen ein. Einige wenige aber überleben und sind sogar stärker als die ursprüngliche Variante. In einer Pandemie ist das wie ein gigantischer biologischer Computer, der täglich Millionen von Varianten ausprobiert. Ahnlich einem Hacker, der versucht, ein Passwort zu knacken, indem er einfach tausende von Wörtern ausprobiert.
Es gibt hunderte von erfolgreichen Varianten, welche zB auf CoVariants angeschaut werden können. Die englische 1.1.7 Varianten erzeugt eine höhere Viruslast, ist deshalb ansteckender und kann sich damit trotz unserer Quarantänemassnahmen besser ausbreiten. Das gleiche gilt für die Afrikanische Variante. Mit Siorge beobachtet man die südamerikanische P1 Mutation, von der es in der Schweiz nur wenige Fälle gibt. Diese führt datzu, dass Antikörper das Virus schlechter angreifen können. In der Stadt Manaus erkrankten deshalb viele, die zuvor bereits an der alten Variante erkrankt waren. Die Antikörper schützten nicht. Wie weit die Impfungen dagegen schützen, wird zur Zeit untersucht. Und es wird nicht die letzte Mutation sein, die auftritt.
Damit will ich sagen, dass auch eine Antikörperbestimmung Dir nicht sicher sagen kann, ob Du geschützt bist. Aber es ist immerhin wichtig, zu sehen, ob Du überhaupt auf die Impfung ansprichst, da sicher noch nachgeimpft werden muss im Herbst. Bis dahin werden wir auch wirksame Therapien gegen das Virus haben. Es gibt da vielversprechende Studien, auch zu Medikamenten, die in der Schweiz entwickelt wurden.
Die Zeit nach der Quarantäne wird sich sicher seltsam anfühlen. Ohne Maske herumlaufen, in einem Restaurant etwas essen gehen, Konzerte, Parties, Reisen und vieles mehr werden sich fremd und seltsam anfühlen. Aber ich glaube, dass wir uns rasch wieder daran gewöhnen werden. Eine gewisse Angst wird aber wohl für immer bleiben und eine gewisse Vorsicht auch. Und Vorsicht ist auch gut, weil weitere Viren mutieren werden und der Bio-Computer irgendwann unsere nächste Schwachstelle finden wird. Aber das nächste Virus wird uns nicht mehr unvorbereitet treffen.
herzliche Grüsse und allen einen schönen erlebnisreichen Sommer, sei es hier in der Schweiz oder vielleicht sogar wieder am Meer.
Dr. JEAN