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Porträts & Geschichten

Mit Querschnittlähmung Eltern werden

Vier Geschichten zur niemals endenden „Arbeit“

Vier Geschichten zur niemals endenden „Arbeit“

Heute ist Internationaler Tag der Arbeiterbewegung, auch bekannt als Tag der Arbeit. An diesem besonderen Tag möchte ich vier Geschichten über eine besondere Art der Arbeit mit Euch teilen.

Diese „Arbeiter“ sind rund um die Uhr im Dienst und unbezahlt. Während manchen dieser „Job“ zufliegt, müssen andere viele Hürden überwinden, um dieser einzigartigen Aufgabe nachgehen zu können.

Genau: Diese Arbeiter sind Eltern.

Arbeit ist wahrscheinlich nicht die richtige Bezeichnung für das, was Eltern tun. Schliesslich beinhaltet Elternsein mehr als nur schwere physische Anstrengung. Es ist ein lebenslanger Prozess, in dem die körperliche, emotionale, soziale und intellektuelle Entwicklung eines Kindes gefördert wird. Dies erfordert viel Zuwendung und Ausdauer.

Aufgrund der grossen Verantwortung, die Eltern tragen, stellen sich viele die Frage: Wie kommen Menschen mit Behinderungen damit zurecht? Die folgenden Geschichten geben Antworten auf diese Frage.

Eltern im Rollstuhl in Weissrussland

Gemäss dem World Population Dashboard des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) liegt die Differenz der Gesamtfruchtbarkeitsrate der Frauen zwischen der Schweiz und Weissrussland bei lediglich 0,2. Vergleicht man jedoch die Frauen mit Querschnittlähmung (QSL) dieser beiden Länder, sieht die Lage ganz anders aus.

In Weissrussland ist der Kinderwunsch für Paare mit QSL nicht nur eine Frage der Fruchtbarkeit. (Quelle: Denis Zelenko für Imena Magazine)

Anya stammt aus Weissrussland und sitzt seit ihrem 14. Lebensjahr im Rollstuhl. Sie wünschte sich zusammen mit ihrem Ehemann Zhenya, der ebenfalls seit seiner Teenagerzeit im Rollstuhl sitzt, ein Kind. Leider macht die Vorstellung, Kinder zu bekommen, Menschen mit Behinderungen in Weissrussland Angst. Viele sind sich entweder ihres Rechts auf Gründung einer Familie gar nicht bewusst oder sie wissen nicht, dass Zeugung und Geburt von Kindern nach einer QSL möglich sind. Manchen wird sogar von Ärzten gesagt, dass eine Schwangerschaft schädlich für sie sei, und es wird ihnen aus medizinischen Gründen zur Abtreibung geraten.

Anya und Zhenya gehören zu den wenigen glücklichen Paaren mit Behinderungen in Weissrussland, die diese Barrieren überwunden und eine Familie gegründet haben. Mit der Geburt ihrer Tochter im Jahr 2016 waren sie die ersten Rollstuhlfahrer in der Stadt Mosyr, die eine Familie gründeten.

Mehr über ihren Weg vom Kinderwunsch bis zur Geburt ihrer Tochter und ihre zukünftige Familienplanung erfahrt Ihr im Originalartikel „Two wheelchairs and a stroller: Overcoming barriers to parenthood in Belarus“ (DE: Zwei Rollstühle und ein Kinderwagen: Hindernisse überwinden auf dem Weg zur Elternschaft in Weissrussland).

Wenn ein Elternteil im Rollstuhl sitzt

Eine häufig gestellte Frage von Paaren, bei denen ein Partner im Rollstuhl sitzt: „Wie gross ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir Kinder bekommen können, wenn mein Partner querschnittgelähmt ist?”

Die Fruchtbarkeit nach einer QSL ist bei Männern und Frauen unterschiedlich. Wie in einem unserer Wiki-Artikel erklärt wird, enthalten die Eierstöcke der Frau bei ihrer Geburt bereits sämtliche Eizellen, die sie jemals produzieren wird, und die für die Fortpflanzung notwendigen Funktionen werden nicht über das Rückenmark gesteuert. Somit vermindert QSL die weibliche Fruchtbarkeit nicht generell, sondern lediglich in der Zeit direkt nach Eintritt der QSL.

Für Männer mit QSL kann es schwieriger sein, Kinder zu zeugen, weil die Qualität der Spermien nach einer QSL in fast immer geringer ist als zuvor. In einem anderen Wiki-Artikel findet Ihr verschiedene Behandlungsmöglichkeiten, die es Männern mit QSL ermöglichen, Kinder zu zeugen.

Hier kommen zwei Erfolgsgeschichten von Sarah Belgrave und Jai Waite aus Neuseeland. Sarah ist Paraplegikerin und Jai Tetraplegiker. Beide haben nicht-behinderte Partner. Sarah wurde auf natürliche Art und Weise schwanger und hat inzwischen Zwillinge. Jai zeugte mittels Ejakulationshilfe ein Kind.

In den Videos berichten Sarah und Jai über ihre Erfahrungen mit der Familiengründung. Sie haben bewiesen, dass sie trotz ihrer körperlichen Einschränkungen kompetente Eltern sind.

Sarahs und Jais Erfahrungen als Eltern würden ohne ihre positive Einstellung und die Unterstützung durch Familie und Freunde ganz anders aussehen. Hier ein weiterer Tipp aus dem Artikel „A Wheelchair Doesn’t Make My Husband Any Less of a Father“ (DE: Durch den Rollstuhl wird mein Mann nicht weniger zum Vater) für diejenigen, die sich gemeinsam mit einem nicht behinderten Elternteil um ihren Nachwuchs kümmern:

 „… sei offen und ehrlich mit Deinem Partner über die elterliche Verantwortung und Kindererziehung, aber nimm Deinem Partner nicht die Verantwortung ab.”

Nina W., Mutter von drei Kindern

Ziel ist es, als Eltern ein Team zu bilden und zu vermeiden, den nicht behinderten Partner von vornherein zur Autoritätsperson zu machen.

Vom nicht behinderten zum behinderten Elternteil

Die Personen aus den obigen Berichten sind nach der Rückenmarksverletzung Eltern geworden. Im folgenden Bericht geht es nun um eine Person, die bereits vor Eintritt der Verletzung Mutter war.

Elternsein mit QSL kann auch zu einem aussergewöhnlich guten Verhältnis mit Kindern beitragen. (Quelle: Screenshot aus Global News)

Janie Gaudet, Mutter von zwei Töchtern, lebt in Vancouver. Sie erlitt eine inkomplette QSL, als ihre jüngere Tochter zwei Jahre alt war. Obwohl sie anfangs Momente der Frustration erlebte, schaffte sie es später, sich an die Gegebenheiten als Mutter mit QSL anzupassen.

Mit ihrer festen Entschlossenheit und Willenskraft ist Janie für ihre Töchter ein Vorbild. Ihre Behinderung stellt nicht nur kein Hindernis in ihrer Rolle als Mutter dar, sondern sie fördert bei ihren Töchtern auch auf natürliche Weise die Entwicklung von Hilfsbereitschaft und sozialer Inklusion.

Mehr dazu findet Ihr im Originalartikel „Parenting with a disability: spinal cord injury“ (DE: Elternsein mit einer Behinderung: Querschnittlähmung).

Habt Ihr bereits Kinder oder könnt Ihr Euch vorstellen, Kinder zu haben, trotz der zusätzlichen Herausforderungen durch die QSL? Welche Tipps habt Ihr, um mit diesen Herausforderungen fertig zu werden?

[Übersetzung des originalen englischen Beitrags]

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