Im Rollstuhl Patienten behandeln
- 2 Minuten Lesezeit
- 27. Juni 2018
- kitwan
Im Rollstuhl Patienten behandeln
Im vergangenen Jahr wurden vielerlei Erfahrungen von Patienten mit Querschnittlähmung in der Community geteilt. Heute möchte ich mit Euch die Geschichte eines Querschnittlähmungs-Arztes teilen. Er ist jedoch kein Arzt, der Querschnittlähmung behandelt, sondern ein Arzt mit einer Querschnittlähmung.
Seit 2017 arbeitet Dr. Dinesh Palipana als Arzt am Gold Coast Universitätsspital in Queensland, Australien. Für niemanden ist es einfach, Arzt zu werden. Doch für Dr. Palipana war es noch viel schwieriger, denn hat eine Tetraplegie.
2010 wurde Dr. Palipana durch einen Autounfall zum Tetraplegiker. Damals war er im dritten Jahr seines Medizinstudiums – er hatte also gerade mal die Hälfte des Studiums absolviert. Mit solch einer schwerwiegenden Querschnittlähmung, sagte man ihm, würde er es nie schaffen, Arzt zu werden. Hätte Dr. Palipana darauf gehört, wäre er nie der erste Medizinabsolvent mit Tetraplegie im Staat Queensland geworden – und der zweite in ganz Australien.
Heute lebt Dr. Palipana seinen Traum, wie er selber sagt. Obwohl er Tetraplegiker ist, hat er Mittel und Wege gefunden, seine medizinischen Techniken durchzuführen. In seinem Interview mit Australiens Nachrichtendienst 9News könnt Ihr sehen, dass er die meisten medizinischen Aufgaben genauso professionell wie viele andere Ärzte erledigen kann.
Doch vertrauen ihm seine Patienten? Der Arzt, der in einem der grössten Spitäler Queenslands arbeitet, sagte: “Keiner meiner Patienten hat bisher negativ auf mich reagiert.” Tatsächlich sind es weniger die Patienten, die Ärzten mit Behinderungen das Leben schwer machen – es ist die Bildungsbehörde.
Kurz nachdem Dr. Palipana zur medizinischen Fakultät zurückkehrte, erfuhr er, dass die Medizinischen Dekane Australiens und Neuseelands (MDANZ) ein Grundsatzdokument erstellt hatten, welches Menschen mit einem breiten Spektrum von körperlichen und psychologischen Problemen potenziell davon abgehalten hätte, den Arztberuf auszuüben.
Dr. Palipanas Kommentar dazu: „Bildung sollte eine expansive Aktivität sein, welche die Grenzen menschlichen Strebens erweitert.“ Er hinterfragte, warum Ausbilder Menschen mit Behinderungen davon abhalten wollten, den Arztberuf auszuüben – wenn es doch genügend Bestimmungen gibt, die es diesen Menschen ermöglichen, ohne Gefährdung und mit angemessenen Einschränkungen in der Praxis zu arbeiten.
Tatsächlich warf Dr. Palipana diese Frage gegenüber seinen Vorgesetzten auf, als er seine Famulatur in der Radiologie der Harvard-Universität absolvierte. Dort erhielt er eine überzeugende und positive Stellungnahme:
„Wenn Sie die Leistung erbringen, dann dürfen Sie nicht wegen Ihrer Behinderung diskriminiert werden.“
Im Kampf um Chancengleichheit in der medizinischen Ausbildung hat sich Dr. Palipana mit ein paar anderen Ärzten mit diversen körperlichen Beeinträchtigungen zu einer Organisation namens Doctors with Disabilities – Australia (DWDA) (DE: Ärzte mit Behinderungen – Australien) zusammengeschlossen. Die Organisation bietet Rechtsbeistand und Peer-Unterstützung bei Angelegenheiten in Bezug auf Medizinstudium und Ärzte mit einer Behinderung.
Erfahrt hier mehr über Dr. Palipanas Geschichte: „I might be quadriplegic, but I’m your doctor” (DE: Ich bin vielleicht Tetraplegiker, aber ich bin Ihr Arzt) und “No Barriers ahead for Dinesh“ (DE: Keine Barrieren für Dinesh).
Würde es Euch etwas ausmachen, von einem Arzt mit Querschnittlähmung oder einer anderen Behinderung behandelt zu werden? Welche Qualitäten eines Arztes sind Euch am wichtigsten?
[Übersetzung des originalen englischen Beitrags]