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Reisen & Freizeit

Kitesurfen mit Querschnittlähmung

Erfahrt, wie Sit-Kitesurfen funktioniert, welche Vorteile es hat und wo ihr es ausprobieren könnt.

Kitesurfen bietet unvergleichliche Abenteuer und das berauschende Gefühl, auf den Wellen inmitten eines grenzenlosen Horizonts zu reiten. Deshalb erfreut es sich immer grösserer Beliebtheit.

Leider erscheint für Menschen mit Querschnittlähmung der Zugang zu diesem faszinierenden Sport oft wie ein ferner Traum. Doch eine weltweite Initiative setzt sich dafür ein, barrierefreie Kitesurf-Kurse anzubieten. Denn der Adrenalinkick, die Gischt und der Tanz mit den Wellen sollen für alle erlebbar werden.

In diesem Blogartikel lernen wir in die Welt des adaptiven Kitesurfens kennen, behandeln die Grundlagen dieses Sports und seine Vorteile. Wir gehen auf die spezielle Ausrüstung ein, die es ermöglicht, sich eigenständig auf dem Wasser zu bewegen. Dann stellen wir Erfolgsgeschichten von adaptiven Kitesurfern vor und präsentieren Organisationen, die sich der Kitesurf-Ausbildung von Menschen mit Querschnittlähmung widmen.

Der Artikel soll inspirieren, informieren und all jene ermutigen, die Wind, Kite und Wellen für sich entdecken möchten – unabhängig von ihren körperlichen Beeinträchtigungen.

Das Kurzvideo zeigt Erlebnisse von Menschen und Instruierenden beim Sit-Kiting.

Was ist adaptives Kitesurfen?

Adaptives Kitesurfen richtet sich an Menschen mit körperlichen Einschränkungen. Weitere Bezeichnungen für diese Sportart sind «Adaptive Kiting», «Para-Kiteboarding», «Para-Kitesurfing» oder «Sit-Kiting».

Für das adaptive Kitesurfen im Sitzen benötigen Rollstuhlfahrer:innen ein speziell konzipiertes Board. Diese sogenannten «Sit-Kiteboards» verfügen über integrierte Sitze, verstärkte Stabilität und modifizierte Steuerungssysteme, die ein sicheres Lenken und Ausbalancieren ermöglichen. Einige Hersteller liefern vollständig montierte Boards mit fest verbauten Sitzen, andere bieten modulare Sitzvorrichtungen an, die sich an bestimmte Boardtypen anpassen lassen.

Die Willem-Hooft-Stiftung setzt sich beispielsweise für den Einsatz spezialisierter Sit-Kiteboards ein. Auf ihrer Website findet ihr eine Liste der Komponenten eines solchen Boards und erfahrt, was es zu beachten gibt. Kiteschulen dagegen passen oft bereits vorhandene Ausrüstung an, zum Beispiel breite Windsurfboards, Stand-up-Paddle-Boards oder aufblasbare Sitze.

In den letzten Jahren hat sich das adaptive Kitesurfen beachtlich weiterentwickelt, dank technischer Neuerungen und stärkerer Bemühungen um Inklusion. Das von Kitesurf-Pionier Bruno Legaignoux entwickelte Bow-Kite-Design erlaubt es Kitesurfenden, bei böigem Wind schnell die Geschwindigkeit zu reduzieren. Dadurch wird das Kitesurfen sicherer und für Unerfahrene zugänglicher – auch für Menschen mit Behinderungen.

Der Sit-Kite wurde vom Paralympioniken Thierry Schmitter entwickelt. Nach einer Rückenmarksverletzung und sieben Monaten Rehabilitation im Schweizer Paraplegiker-Zentrum (SPZ) entdeckte er das adaptive Kitesurfen für sich, um weiter seine sportliche Leidenschaft ausleben zu können. (Quelle: https://www.sitkite.com/)

Sicherheit beim Sit-Kiten

Das Starten und Fahren mit einem Sit-Kiteboard unterscheidet sich vom klassischen Kitesurfen. Der Kite – also der «Drachen», der durch die Windkraft das Board zieht – ist nicht wie üblich an einem Trapez am Körper befestigt, sondern direkt mit dem Sitz verbunden.

Nach einem Sturz ist es daher schwierig, das Board und den Kite wieder in die richtige Position zu bringen. Normalerweise zieht der Kite das Board zur Seite gekippt durchs Wasser. Ohne starke Arme oder Hilfe ist es kaum möglich, es selbst zu bewegen.

Zur Lösung des Problems gibt es verschiedene Ansätze. Eine Möglichkeit ist ein Seilsystem, mit dessen Hilfe Kitesurfende ihr Board selbst drehen können. Das System muss umsichtig gehandhabt werden und aus Sicherheitsgründen leicht zu lösen sein, insbesondere bei starkem Wind oder Wellengang.

Beim Kitesurfen gehören Stürze ins Wasser einfach dazu. Die Boards sind deshalb schwimmfähig konstruiert, um die Sicherheit zu gewährleisten. Zudem verfügen die meisten Boards über ein Quick-Release-System, mit dem sich der Kite bei starkem Wind schnell abtrennen lässt.

Ausgebildete Instruierende und Helferteams stehen jederzeit unterstützend zur Seite – damit ihr euch sicher fühlt und das Erlebnis unbeschwert geniessen könnt. Wie bei jedem Kitesurf-Kurs üblich, lassen euch die Instruierenden erst dann selbständig aufs Wasser, wenn ihr die notwendigen Fähigkeiten zur Selbstrettung erworben habt. So wird sichergestellt, dass ihr Stürze sicher meistern könnt.

Der Schweizer Markus Pfisterer, früherer Leiter der Meldestelle für Ethik-Verstösse im Schweizer Sport bei Swiss Sport Integrity, ist begeisterter Sit-Kitesurfer. (Quelle: https://www.rollinginspiration.co.za/)

Vorteile des adaptiven Kitesurfens

Adaptives Kitesurfen kann das psychische Wohlbefinden verbessern. Der Sport fördert die Ausschüttung von Endorphinen, die dabei helfen, die Stimmung zu heben und Stress, Angst und Depressionen zu reduzieren.

Um den Drachen zu steuern und sich auf dem Wasser fortzubewegen, braucht es besondere Konzentration. Kitesurfen kann zu einem Flow-Zustand führen, in dem die Personen eine erhöhte Konzentrationsfähigkeit und Achtsamkeit erleben.

Regelmässiges Training kann das Selbstbewusstsein stärken, die Ausdauer verbessern und dazu befähigen, alltägliche Herausforderungen besser zu bewältigen. Mit jeder neu erworbenen Fähigkeit steigt euer Selbstvertrauen, und eure positive Energie strahlt auch auf eure Mitmenschen aus.

Kitesurfen bietet auch die Möglichkeit, neue Freundschaften zu schliessen. Alle verbindet die Begeisterung für diesen Sport und das gemeinsame Lernen fördert den Teamgeist. Die Natur schafft perfekte Voraussetzungen für geselliges Beisammensein, und die eng verbundene Kitesurf-Community heisst Menschen aus aller Welt willkommen. Jedes Training schafft gemeinsame Erinnerungen – von Stürzen bis zu Erfolgen – in einem unterstützenden Umfeld.

Beim Kitesurf-Camp von Access Adventures UK überwinden adaptive Kitesurfende gemeinsam Barrieren. (Quelle: https://www.accessadventures.co.uk/)

Erfolgsgeschichten von adaptiven Kitesurfenden

Alessandro Lancellotti aus Neapel in Italien war schon immer ein begeisterter Wassersportler. Sein Leben änderte sich dramatisch, als er mit 16 Jahren nach einem Motorradunfall in den Rollstuhl kam. Alessandro nutzte den Sport als wichtigen Teil seiner Rehabilitation. Er träumt davon, Italien bei den Paralympischen Spielen zu vertreten.

Alessandro meint, dass Para-Kiteboarding auf den ersten Blick extrem und gefährlich erscheinen mag, mit der richtigen Anleitung aber ein schöner und sicherer Sport ist. Er ermutigt andere es auszuprobieren und versichert, dass es einfacher ist, als es scheint, und sicher ausgeübt werden kann.

Alessandro begann im Alter von acht Jahren mit dem Windsurfen und ist auch nach seinem Unfall mit derselben Begeisterung dabeigeblieben. (Quelle: https://www.sailing.org/)

Fernando Fernandes ist ein ehemaliger Profifussballer, der die Faszination des adaptiven Kitesurfens für sich entdeckt hat. Auch wenn seine Athletik, Ausdauer und Leidenschaft für diesen Sport schwer zu übertreffen sind, könnt ihr euch durch das folgende Video inspirieren lassen.

Fernando beim Kitesurfen auf der hawaiianischen Insel Maui.

In diesem Vimeo-Video seht ihr die unermüdliche Energie der US-Amerikanerin Amanda Boxtel bei ihrem ersten Kitesurf-Abenteuer. Obwohl sie oft ins Wasser fiel und nur kurze Zeit über der Wasseroberfläche schwebte, genoss sie das Erlebnis in vollen Zügen.

Nach einem verheerenden Motorradunfall wollte sich der Niederländer Willem Hooft durch seine Lähmung nicht von seinen Träumen abbringen lassen. Er entwickelte ein massgeschneidertes Surfbrett gemäss dem Motto: «Ich kann nicht mehr laufen, aber ich werde fliegen lernen!» Hooft trainierte hart, um in Kapstadt drei Meter hohe Wellen zu reiten. Später gründete er die Willem Hooft Foundation, die im nächsten Absatz vorgestellt wird.

Willem Hooft im Interview für einen Podcast über Sit-Kiting.

Stiftungen und Organisationen für adaptives Kitesurfen

Es gibt mehrere Stiftungen und Organisationen, die sich für barrierefreies Kitesurfen einsetzen. Die Willem Hooft Foundation zum Beispiel ermöglicht Menschen mit körperlichen Behinderungen den Zugang zum Sit-Kitesurfen und Sit-Wakeboarden. Mithilfe spezieller Sit-Kite-Trainingsprogramme, Video-Tutorials und Informationsmaterialien gibt die Stiftung ihr Wissen an Kitesurf-Schulen weltweit weiter. Zudem organisiert sie Sit-Kite-Camps und -Wettbewerbe und entwickelt sichere und erschwingliche Ausrüstung.

Eine weitere wichtige Organisation ist die International Kiteboarding Organization (IKO). Sie ist weltweit für ihr Engagement für Qualität und Sicherheit in der Kitesurf-Ausbildung bekannt. IKO-zertifizierte Kite-Zentren stellen sicher, dass ihre Instruktorinnen und Instruktoren nach einer exakten Methodik ausgebildet wurden und etablierte Sicherheits- und Qualitätsstandards einhalten.

Kriterien für geeignete Sit-Kite-Spots und -Schulen

Wo lässt sich Sit-Kiten ausprobieren und worauf kommt es bei der Wahl der richtigen Kiteschule an? Diese Website gibt Tipps, wie ihr «die perfekte Schule am perfekten Spot» findet.

Wesentliche Faktoren für den Spot, also den geeigneten Ort, sind Wind, wenig Wellen, ausreichend Platz auf dem Wasser und warme Temperaturen. Nicht zwingend erforderlich, aber hilfreich sind tiefes Wasser und ein harter Untergrund am Strand für leichteres Rollen.

Ein zentrales Kriterium für eine gute Kitesurf-Schule ist Barrierefreiheit – einschliesslich Toiletten und Duschen. Ebenso wichtig sind die Begleitung durch ein Motorboot und natürlich die Bereitstellung eines funktionstüchtigen und sicheren Sit-Kiteboards.

Am Ende dieses Artikels findet ihr eine Auswahl bekannter Spots und Schulen, an denen ihr euer Kitesurf-Erlebnis beginnen könnt.

Adaptives Kitesurfen hat sich von einer Nischenaktivität zu einer beliebten Sportart entwickelt. Mit dem olympischen Debüt des Kitesurfens in Paris 2024 wächst die Hoffnung, dass auch das adaptive Kitesurfen bald paralympisch wird. Dank des Engagements von Erfinder:innen, Athlet:innen und Communities eröffnet dieser faszinierende Sport Menschen mit Behinderungen neue Möglichkeiten, Spass und Freiheit zu erleben.

Adaptive Kitesurf-Orte und -Schulen weltweit

Ägypten

Australien

Belgien

Deutschland

England

Frankreich

Griechenland

Hawaii

Italien

Schweiz

Was haltet ihr vom Kitesurfen? Hättet ihr Lust, es selbst auszuprobieren?

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