Cannabis ist ein Weg, die Spastik zu behandeln. Am besten in Form eines Joints, findet Franziska Quadri.
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- 24. Juni 2020
- fritz
Cannabis ist ein Weg, die Spastik zu behandeln. Am besten in Form eines Joints, findet Franziska Quadri.
Auf einer Plattform wie dieser Community müssen sich gewisse Themen wiederholen, sonst würden wir etwas falsch machen. Wären wir eine Börsenzeitung, wäre es die ständige Furcht vor dem nächsten Crash. Sie bedrängt uns weniger – dafür der Themenblock Spastik, Schmerz, Phantomschmerz. Schon jedes einzelne dieser Symptome erschwert uns das Leben; treten sie geballt auf, erst recht. Um sie unter Kontrolle zu halten, ist immer wieder von Cannabis die Rede.
Vor gut einer Woche hat das Schweizer Fernsehen dazu einen ergreifenden, recht intimen Beitrag ausgestrahlt. Die (hohe) Tetraplegikerin Franziska Quadri berichtet darin, wie sie dank Cannabis durchaus gut lebt – trotz geballter Ladung, die sie schultern muss: Sie hat Phantomschmerzen, zudem einschiessende Spastik, die ihr ebenfalls Schmerzen bereitet. Schmerzmittel und Antispasmolytika halfen ihr nicht genug, zumal sie besonders an den Nebenwirkungen litt. Viele von uns kennen das. So versuchte sie es mit Cannabis.
Mit einer sogenannten Magistralrezeptur können wir uns Cannabis-Wirkstoffe verschreiben lassen. Der «Magister» ist das Bundesamt für Gesundheit, bei dem der verschreibende Arzt für uns eine Sonderbewilligung beantragen muss. Mit ihr können wir bei nur sehr wenigen Apotheken in der Schweiz Cannabistinktur, Cannabisöl oder das synthetisch hergestellte Dronabinol beziehen. Die Krankenkasse ist nicht verpflichtet, die hohen Kosten zu übernehmen.
Die teuren und legalen Cannabis-Medikamente sind indes zu schwach, sagt Franziska Quadri. Sie braucht «Joints», deren Inhalt sie sich auf verschlungenen Wegen beschaffen muss. Er wirkt und lindert; seine berauschende Nebenwirkung nimmt sie längst nicht mehr wahr, sagt sie in dem Fernsehbeitrag.
Zu vermuten ist, dass diese Joints vor allem den Grundtonus, von dem sie im Beitrag nicht redet, dämpft. Die Spannung bzw. der Tonus ist bei manchen von uns an sich zu hoch, weil wir uns zu wenig bewegen und weil wir das Nervensystem nicht mehr willentlich steuern können.
Der Joint entspannt das ganze System und dämpft auf diese Weise auch einschiessende Spasmen und – wie es scheint – Phantomschmerzen. Er bewirkt, dass diese Symptome weniger wuchtig und weniger ätzend sind. Dank Einnahme über die Lungen kommen die Wirkstoffe am schnellsten ins Blut. Auf dem Weg dorthin verliert sich auch am wenigsten.
«Es sind dieselben Rezeptoren», entgegnete mir unlängst ein Neurologe. Ich hatte ihm berichtet, dass ich mir anstelle von Antispasmolytika abends ein wohltuendes Genussmittel, nämlich einen Dreier Roten, genehmige. Der kluge Privatdozent in Neurologie bestätigte damit, dass auch Alkohol es tut. Wer auf ihn zurückgreift, riskiert allerdings, dass viele liebe Mitmenschen finden, «der hat ein Problem mit dem Alkohol».
Das tatsächliche Problem ist ein anderes: Zum Frühstück kann ich keinen Dreier Roten nehmen. Genau dann ist der Tonus aber am höchsten, im Laufe des Tages bildet er sich zurück. Es mag sein, dass mich Cannabis besser durch den Tag geleiten würde. Noch weiss ich es nicht. Soll ich es versuchen?
Um Antworten auf solche Fragen zu erhalten, wirkt Franziska Quadri im 2014 gegründeten Medical Cannabis Verein Schweiz, MedCan, mit. Die Homepage ist gut gemacht und sehr informativ.
Zum Thema Cannabis sind im Übrigen schon die folgenden Beiträge hier auf der Community erschienen:
- «Cannabis hält sich im Gerede – gegen Spastik natürlich» (3.6.2016)
- «Unser gespaltenes Verhältnis zu Cannabis» (11.11.2016)
- «Die Schmerzen im Griff dank Mari…wie bitte?!» (8.10.2018)
- «Spasmus – Spass muss sein» (19.3.2019)
- … und ganz aktuell diese Beiträge im Forum