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Wissenschaft

Zum Wohl der Blase

Gegen Infekte gibt es gute Alternativen zu Antibiotika. Sie bilden keine Resistenzen.

Gegen Infekte gibt es gute Alternativen zu Antibiotika. Sie bilden keine Resistenzen.

Ständiger Harndrang, und es folgt ein weisslich trübes Rinnsal. Unter Umständen brennt es, die Spastik ist erhöht. Das sind typische Symptome einer vergleichsweise harmlosen Blasenentzündung. Gefährlicher wird’s, wenn Schüttelfrost auftritt. Das erlebte ich zum Glück nur ein einziges Mal in der Erstreha. Seit bald zehn Jahren verfolgt mich indes eine weitere Spielform: Ein leichter chronischer Infekt, das Wässerchen ist getrübt, im Labor finden sie aber nichts. Trotzdem ist die Funktion gestört, ich kriege die Blase nicht leer. Eine fünftägige Kur mit einem Antibiotikum – Levofloxacin – schafft jeweils für einige Wochen Abhilfe.

Der Leidensdruck war so, dass ich gerne nach Nottwil ging, um am Kurs «Der Blase Gutes tun» vielleicht etwas zu lernen. Der Kurs findet nächstes Mal am Dienstag, 19. November, statt. Ich verweise auf den Link zum Weiterbildungsprogramm von Para Know-how: https://www.paraplegie.ch/spz/de/patienteninformationen/para-know-how

Die Referenten Prof. Dr. med. Jürgen Pannek, der im SPZ Nottwil die Urologie leitet, und Dr. Jakob Evers, Oberarzt Gynäkologie im Spital Sursee, wissen, wovon sie reden. Die Paraplegikerin Gabriela Bühler unterstützt sie als «Peer Counsellor».

blasenkurs vortrag dr. pannek

Prof. Jürgen Pannek sprach aus seiner langjährigen Erfahrung als Urologe im Schweizer Paraplegiker-Zentrum.

Die Präsentation hat mein Halbwissen angenehm ergänzt: Unsere Blase hat ein Fassungsvermögen von 5 bis 6 Dezilitern. Fliessen beim abendlichen Katheterisieren 7 oder gar 8 Deziliter in den Urinbeutel, so habe ich das Organ ungesund überdehnt. Rund 1.5 Liter sollten wir täglich ausscheiden. In diesen sommerlichen Tagen erlebe ich aber häufig, dass es nur halb so viel ist. Die Wärme scheint mithin weniger gesund zu sein, als ich immer behauptet habe.

Nicht ganz klar war mir auch, dass die Blase ein «Füllorgan» ist. Nur unmittelbar nach der «Miktion», der Entleerung, ist sie leer. Bei Menschen mit einer gestörten Blasensteuerung, zu denen Rückenmarkverletzte gehören, bleibt vielfach eine zu hohe Restmenge zurück. Sie begünstigt das Wachstum von Bakterien, weil die Blase vom Durchlaufbehälter zum Tümpel verkommen ist. Unter Umständen bilden sich infolge häufiger Überdehnung höhlenartige Auswuchtungen in der Blasenwand. Dort fühlen sich Bakterien besonders wohl.

Dabei müssen wir bedenken, dass Bakterien in vielen Fällen unsere Freunde sind. In der Blase sind sie aber am falschen Ort. Typischerweise kommen sie aus dem Darm, wo sie uns verdauen helfen. Sie haben sich in die nahegelegene Blasenregion verirrt. Wenn wir uns intensiv waschen, begünstigen wir das sogar. Erst recht gilt das, wenn wir beim Katheterisieren unsauber vorgehen. Dann schieben wir die Keimlinge förmlich in die Harnwege und schliesslich in die Blase. Dauerkatheter verursachen ebenfalls Infektionen und noch andere, mitunter schwerwiegende Komplikationen.

apfelessig

Der Essig aus Äpfeln säuert den Urin an. Bakterien schätzen das nicht.

Gut fahren wir, wenn wir unerwünschten Bakterien in unseren Blasen das Leben im wörtlichen Sinne versauern oder anderweitig versauen. Viele der entsprechenden Mittel sind pflanzlich. Sie töten Bakterien nicht ab, helfen aber zu verhindern, dass sich Keime stark vermehren und an der Blasenwand festsetzen. Sie wirken anhaltend, und wir können sie auch zur Vorbeugung über lange Zeiträume verwenden. Dies im Gegensatz zu Antibiotika, die wir nur punktuell einsetzen dürfen, wenn harmlosere Mittel nicht ausreichen, um eine starke Infektion zu bekämpfen. Nehmen wir sie zu oft oder zu lange, so gewöhnen sich die Keime an das Antibiotikum und werden resistent.

Antibiotika und die harmloseren Alternativen dazu ergänzen sich. Sie gegeneinander auszuspielen, ist nicht sinnvoll – und meine Gewohnheit, gelegentlich mit Levofloxacin durchzuputzen, auch nicht. Das habe ich an dieser eineinhalb Stunden dauernden Veranstaltung gelernt. Gelernt habe ich leider auch, dass es keinen universellen Zaubertrank gibt, um sich vor Blaseninfekten zu schützen. Es gibt kein Antibiotikum und kein anderes Mittel, das gegen alle Bakterien wirkt. Wir müssen deshalb alle leiden, bis wir unsere eigene Patentmixtur gefunden haben.  

Zu diesem Mix gehören oft die Preiselbeere oder die Moosbeere, auch Cranberry genannt. Sie reduzieren gemäss Professor Pannek die Infekte um die Hälfte. Bewährt haben sich auch D-Mannose, ein in der Natur vorkommender Einfachzucker, und Angocin, das aus Kapuzinerkresse und Meerettich-Wurzelpulver besteht. Allgemeiner wirken die Medikamente Acimethin und Acimol, aber auch Apfelessig. Sie säuern den Urin an. Auch mit homöopathischen Mitteln hat Pannek teils gute Resultate erzielt.

preiselbeeren

Die Preiselbeere (Bild), aber auch die Moosbeere bzw. Cranberry wirken antibakteriell.

Gabriela Bühler ist ihre chronischen Infekte ohne Antibiotika los geworden. Ich fand es interessant, das von einer direkt Betroffenen zu hören. So hat mich die Veranstaltung ermutigt, neue Lösungen zu suchen.

Wie schützt ihr euch vor Blasenentzündungen? Habt ihr eure Zaubermischung schon?

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